Grundeinkommen – Neudefinition 2019

Im Artikel gestern »Das bGE nützt der weiteren Versklavung« habe ich für mich eine Neudefinition des Grundeinkommens formuliert. Heute möchte ich das kurz ein wenig näher erklären.

Hier als Bild zum Weitergeben:

Bild: Grundeinkommen, Neudefinition 2019
Bild: Grundeinkommen, Neudefinition 2019

Und hier als Text für weitere Verwendung:


»Universal Basic Income«
»Universales Grundeinkommen«
»Bedingungsloses Grundeinkommen«
Definition 2019
recomposed by / neu zusammengestellt von Detlef Jahn
https://unruheraum.de/2019/02/16/grundeinkommen-neudefinition-2019/

Ein Grundeinkommen ist eine Lebensgrundlage, die eine gesellschaftliche Gemeinschaft jedem ihrer Mitglieder vorbehaltlos gewährt. Es soll

  • als individueller und dauerhaft garantierter Rechtsanspruch
  • die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen sowie
  • ohne Bedürftigkeitsprüfung,
  • ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen und
  • unabhängig von anderen Einkommensarten
  • unbefristet in regelmäßigen Abständen
  • zur freien Verfügung in aktuell gültiger gesetzlicher Währung

ausgezahlt werden.
Wenn jemand aufgrund von Krankheit, Behinderung oder einer anderen besonderen Situation einen notwendigen zusätzlichen Bedarf hat, der über das allgemeine Grundeinkommen hinausgeht, muss dieser individuelle Mehrbedarf als Sozialleistung gewährt werden – dann aber nur auf Antrag und mit Nachweis der Notwendigkeit.


  • individueller und dauerhaft garantierter Rechtsanspruch

Jedes Mitglied einer Gesellschaft soll das Grundeinkommen bekommen. Es soll eine dauerhafte Zusage der Gesellschaft an das Individuum sein, dass es sich darauf verlassen kann, immer das Grundeinkommen zu bekommen und als Rechtsanspruch soll das Grundeinkommen ein definiertes Recht und damit einklagbar sein.

  • die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen

Jedes Mitglied einer Gesellschaft soll ohne Existenzangst sein Leben selbstbestimmt gestalten können. Hierfür ist die Bereitstellung der notwendigen Lebensgrundlagen die Voraussetzung. Die Höhe/Menge des Grundeinkommens soll so bemessen sein, dass nicht nur die Lebensnotwendigkeiten, sondern auch eine aktive Teilhabe und Teilnahme (das eigentlich Wichtigere) am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben möglich ist.

  • ohne Bedürftigkeitsprüfung

Jedes Mitglied einer Gesellschaft soll diskriminierungsfrei an »Gesellschaft« teilnehmen können. Das ist der Zweck des Grundeinkommens. Eine Bedürftigkeitsprüfung steht dem entgegen, denn zuerst muss das Lebensrecht der/dem Einzelnen zugestanden werden.

Für das Recht auf Leben darf es keine Bedingung »Bedürftigkeitsprüfung« geben.

  • ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen

Um sich »Arbeit« zuwenden zu können, muss ein Mensch erst einmal aufwachsen und sehr viele Dinge lernen und zu sich selbst finden – und seine Existenz muss gesichert sein, damit er überhaupt erst die Kraft findet, sich anderen Menschen und der Gesellschaft gegenüber erkenntlich zu zeigen, indem er Arbeit leistet.

Abgesehen davon, dass die Diskussion über ein Grundeinkommen beinhaltet, dass wir über »Arbeit« diskutieren müssen und eine grundsätzlich neue Sichtweise auf diesen Begriff finden sollten.

Um Arbeit möglich zu machen, ist ein Grundeinkommen nötig, deshalb darf »Arbeit« nicht Bedingung für ein Grundeinkommen sein – und auch keine sonstige wie-auch-immer-benannte »Gegenleistung«.

  • unabhängig von anderen Einkommensarten

Das Grundeinkommen soll die Lebensgrundlage sein. Das Recht auf Leben darf nicht davon abhängen, ob man ein Einkommen hat.

  • unbefristet in regelmäßigen Abständen

Nur die Zusicherung, dass ein Grundeinkommen unbefristet, dauerhaft verfügbar ist, bewirkt, dass Menschen frei von Fremdbestimmung ihre eigene Persönlichkeit wirklich entfalten und entwickeln und der Gesellschaft positiv wirksam dienen können.

  • zur freien Verfügung in aktuell gültiger gesetzlicher Währung

Um tatsächlich von Fremdbestimmung zu befreien, darf ein Grundeinkommen nicht darüber bestimmen, wofür der Mensch es verwendet – in keiner Weise.


Ich würde mich über Rückmeldungen sehr freuen.

Viele Grüße
Detlef Jahn

english version: »Universal Basic Income – Redefinition 2019«

17 Gedanken zu „Grundeinkommen – Neudefinition 2019“

  1. Unbedingt wichtig ist die Berücksichtigung von inflationären Entwicklungen beim BGE, sonst kann es schnell zu einer Geldentwertung und Preiserhöhungen kommen.

    1. Das kann „das bGE“ nicht tragen. Dafür gibt es viele Stellschrauben, die auch unabhängig von einem bGE vorhanden sind und die auch unabhängig von einem bGE verantwortungsvoll gehandhabt und auch geändert werden können.

    2. das Grundprinzip ist sehr gut.
      Folgende Fragen tauchen bei mir auf:
      1. Wie kommt ein Mensch in München damit aus? Ist das Grundeinkommen jedoch hoch genug, wie sollte das mit einem Menschen geregelt werden, der auf dem Land, weit ab vom Schuss kaum Miete zahlt?
      2. Bedingungslos bedeutet bedingungslos. Also Beispiel: Das System ist so toll, dass alle Menschen aus ärmeren Ländern hier nach Deutschland kommen um das BGE zu erhalten. Einen solchen Wunsch halte ich für gerechtfertigt, da jeder das Recht hat, sich dorthin zu begeben, wo es besser ist und wo man mit dem Einkommen gut auskommen kann. Allerdings ist dies finanziell nicht machbar. Was tun also mit diesen Menschen? Gilt das BGE nur für deutsche Staatsbürger ist es nicht bedingungslos.
      Eine Lösung für dieses Dilemma würde mich interessieren.

      1. Herzlichen Dank für deine Fragen.

        zu 1.:
        Aber wenn ich in Düsseldorf wohne und die Mieten dort unbezahlbar sind, reicht mir das BGE nicht.

        Dann muss man diskutieren, ob neben dem BGE z. B. das Wohngeld als Sozialleistung notwendig und gewünscht erhalten bleibt. Dann kann man das auf Antrag und nach Prüfung der Bedürftigkeit bekommen.

        Ich bin dafür, mit einem BGE das Wohngeld abzuschaffen.

        Aber neben der Miete gibt es doch noch die ganzen anderen Lebenshaltungskosten, die in München viel höher sind, als in Plau am See.

        Ja, es wird Gegenden geben, in denen das BGE dann sehr knapp sein wird.
        Aber das BGE ermöglicht dann, in eine preiswertere Gegend zu ziehen. Das wird auch die Ballungsräume entlasten. Man kann leichter in WGs zusammenziehen, weil jeder sein volles BGE mitbringt.

        Und Gegenden, die heute nicht nachgefragt werden, weil es heute dort zu wenig bezahlte Erwerbsarbeit gibt, werden dann wieder sehr attraktiv, weil man dort dann neue Lebensmodelle aufbauen oder alte wiederbeleben kann, weil jeder sein BGE mitbringt.

        Und Familien, die heute aus Gründen des Erwerbsarbeitszwangs weit zerstreut leben, können dann wieder leichter nahe beisammen leben und sich gegenseitig stützen, weil jeder sein BGE mitbringt.

        Und ja, es wird Menschen geben, die sehr sparsam leben und mit einem BGE sehr komfortabel auskommen, während andere es vielleicht schwer haben werden, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Das hat auch ganz viel damit zu tun, dass viele Menschen sehr unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen haben, wie hoch denn nun der notwendige Grundbedarf sein müsse.

        Deshalb muss diese Frage sehr sorgfältig betrachtet werden.

        [Auszug aus:
        21: Ein paar Stichpunkte zur Umsetzung eines BGEs]

        zu 2.:
        Rechtssicherheit

        Um seine ganze Kraft entfalten zu können, ist neben der Finanzierung und der Art der Durchführung auch die juristische Verankerung von großer Bedeutung. Angesichts der mit einem Grundeinkommen verbundenen Auswirkungen auf Gesellschaft und Individuum, auf Wirtschaft, Politik und Umwelt, sollte nach meiner Meinung das Grundeinkommen unbedingt Verfassungsrang haben und dort ein individuelles Grundrecht sein (diese haben einen höheren Rang vor den anderen Grundgesetzartikeln).

        Wenn ich entscheiden dürfte, würde der betreffende Artikel im Grundgesetz oder einer kommenden Verfassung so lauten:

        Abschnitt Grundrechte
        Artikel …

        […]
        (6) Solange das Grundeinkommen eine Leistung der Nationalgesellschaft ist und nicht vergleichbar in einer nennenswerten Zahl von anderen Ländern existiert, bleibt das Recht darauf auf Menschen begrenzt, die ihren Lebensmittelpunkt im Inland haben.

        (7) Satz (6) soll gestrichen werden, wenn ein vergleichbares Grundeinkommen in einer nennenswerten Zahl von Ländern existiert, vor allem in europäischen Ländern und in Mittelmeeranrainerstaaten.
        […]

        [Auszug aus:
        Wie kommt das Grundeinkommen in die Welt?]

        Ich hoffe, ich konnte helfen.
        Wenn sich weitere Fragen ergeben oder du anderer Meinung bist, melde dich einfach nochmal.

        Viele Grüße
        Detlef

Schreibe einen Kommentar zu Kruszewski Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert