Wenn bei einem Objektiv die Linsen nicht planparallel und mittig zueinander stehen, ist das Objektiv dezentriert und es leidet die Abbildungsqualität. Das zeigt sich darin, dass bei kritischer Betrachtung und bei entsprechenden Bildmotiven die Ränder und Ecken des Bildes unterschiedlich scharf oder unscharf sind. Je mehr eine oder mehrere Linsen »aus der Reihe tanzen« oder »schief liegen«, desto deutlicher leidet die Bildqualität.
Auch kann beispielsweise eine Linse im Gebrauch locker geworden sein oder durch Anschlag oder Sturz.
Wenn man ein neues Objektiv kauft, hat man ein Recht auf Gewährleistung gegen den Händler und der Hersteller muss Garantie leisten. Wenn man jedoch ein gebrauchtes Objektiv kauft, möchte man gern möglichst sicher sein, ob es in Ordnung ist oder welche Macken es hat.
Dezentrierung haben die meisten Nutzer gar nicht auf dem Schirm, aber sie sorgt für häufige (nicht immer sofort augenscheinliche) Bildfehler – man wundert sich, weshalb Fokusfehler auftreten, aber wenn man beispielsweise im Liveview sehr sorgsam scharfstellt, zeichnet das Objektiv korrekt scharf … Dann kann eine Ursache auch Dezentrierung sein.
Wie prüft man das Objektiv aber nun auf Dezentrierung?
- Am Objektiv wählst du die kleinste Blendenzahl (=größte Blendenöffnung). Dadurch ist die Schärfentiefe so klein, wie mit deinem Objektiv möglich, um Schärfeunterschiede besser zu erkennen. Wenn die Blende geschlossen wird (größere Blndenzahl), steigt die Schärfentiefe an und dann sind Fehler in den Ecken schlecht oder gar nicht mehr zu erkennen.
- Du stellst die Kamera auf Single-AF und aktivierst das mittige AF‑Messfeld.
- Du fokussierst sorgsam (am besten im Liveview vom Stativ aus) auf ein differenziertes Objekt in weiter Entfernung (100 m oder gerne mehr). Achtung: Bei zu großer Entferung und entsprechender Wetterlage kann Luftflimmern verfälschend wirken. Bei kurzen Brennweiten sieht man in zu großer Entfernung vielleicht nicht genug, während bei langen Brennweiten 100 m deutlich zu nahe sein können.
Ich nutze für solche Tests einen Mobilfunkmast, aber hervorragend sind auch Kirchturmuhren geeignet. Wichtig ist, dass das Objekt gut strukturiert, kontrastreich und feingliedrig ist, damit auch leichte Unschärfen sehr gut sichtbar sind. - Wenn scharfgestellt ist, den AF abschalten (ohne den Fokus zu verstellen!) und ein Bild machen.
- Nun die Kamera verschwenken und das Zielobjekt vom zentralen AF‑Messfeld nacheinander in die vier Ecken des Bildfeldes legen (mit jeweils gleichem Eckenabstand) und jeweils eine Aufnahme machen (ohne den Fokus zu verstellen – also Finger weg vom Fokussierring!)
- Die fünf Bilder miteinander vergleichen.
Schärfeunterschiede zwischen Bildzentrum und den Ecken können normal sein, wenn die Unterschiede in allen Ecken etwa gleich sind – das zeigt den sogenannten Randabfall, der bei verschiedenen Objektivklassen und ‑qualitäten sehr gering oder auch ziemlich deutlich ausfallen kann. Das ist aber nur ein allgemeines Qualitätsmerkmal, wie gut das Objektiv ist oder eben nicht. Der Schärfeabfall zum Rand ist noch nicht unbedingt ein Objektivfehler, der reklamierungswürdig ist (wenn nicht auch noch andere Fehler vorhanden sind). Es gibt da durchaus Objektive, die ganz schön hässlich zum Rand hin abfallen …
Wenn das Objektiv zwischen den vier Eckenbildern keinen Unterschied im Schärfeeindruck hat, ist es gut zentriert.
Wenn das Objektiv dezentriert ist, ist eine Ecke unschärfer als die anderen oder eine Ecke ist schärfer als die anderen. Es können auch zwei benachbarte Ecken unschärfer sein, als die beiden gegenüberliegenden oder auch diagonal über kreuz Schärfeunterschiede bestehen (also die beiden gegenüberliegenden Ecken sind jeweils etwa gleich scharf, aber abweichend zu dem anderen Diagonalpaar).
Bei Zoomobjektiven sollte man den Test mit der Anfangs-, mit der mittleren und mit der Endbrennweite durchführen, denn manchmal treten Dezentrierungen je nach Brennweitenverstellung unterschiedlich stark sichtbar zutage. Bei einem großen Brennweitenbereich würde ich zusätzlich auch noch bei zwei oder sogar drei anderen Brennweiten testen, um sicherzugehen.
Denzentrierung kann einen ganz schön ärgern, weil man den Fehler bei sich selbst sucht, wenn ungewollte/unerklärliche Unschärfen auftreten (vor allem über das Bildfeld ungleichmäßig verteilte Unschärfen) und man nicht an diesen Objektivfehler denkt.
Man kann durch Einstellungen an der Kamera oder andere »Hausmittel« eine Dezentrierung nicht ausgleichen, das Objektiv muss zum Herstellerservice (oder in den Schrott).
Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Artikel ein klein wenig helfen und würde mich über Kommentar oder »Weitersagen« freuen. Auch Ergänzungen und Korrekturhinweise sind sehr gern gesehen.
Viele Grüße
Detlef Jahn