Die AfD macht nicht glücklich

Auf den Nachdenkseiten ist ein Artikel von Jens Berger erschienen unter dem Titel »Glückliche Menschen wählen nicht die AfD«, den ich ziemlich lesenswert finde, hier in Teilen zitiere und danach ein wenig von meinem Senf hinzufüge.

2014 zog die AfD im Osten Deutschlands in die ersten Landtage ein und die Aufregung des politisch-medialen Komplexes war groß. Heute – fünf Jahre später – feiern die Volksparteien der alten Bundesrepublik es schon als großartigen Erfolg, ihre Rolle als stärkste Kraft auf Landesebene mit hauchdünner Mehrheit gegen die AfD verteidigt zu haben. Der oft emotional und chronisch inhaltsleer geführte »Kampf gegen Rechts« sollte spätestens jetzt als gescheitert gelten. […]

 

Die Zeiten, in denen die Parteien der politischen Linken die Stimmen des kleinen Mannes waren, sind endgültig vorbei. […] In Sachsen holte die AfD bei den Arbeitern sogar mehr als doppelt so viele Stimmen wie das sogenannte linke Lager (SPD, Grüne und Linke) zusammen!

Eine zweite alte politische Weisheit, die seit gestern endgültig auf dem Friedhof der hohlen politischen Phrasen beerdigt werden muss, ist der Spruch »Wer nicht wählt, wählt rechts«. Sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen hat die AfD von allen Parteien mit großem Abstand am meisten von der steigenden Wahlbeteiligung profitiert, während die Linke von den im Bundestag vertretenen Parteien hier die geringsten Zuwächse vermelden konnte. Offenbar neigen die Unzufriedenen, die sich zeitweise nicht zur Wahl einer Partei durchringen konnten und können, tendenziell eher zur AfD. […]

Überraschend sind diese Zahlen keinesfalls. Dass fast jeder zweite Wähler, der sich selbst der Arbeiterschaft zurechnet, ausgerechnet der AfD seine Stimme gegeben hat, ist jedoch zugegebenermaßen skurril, vertritt die AfD doch lupenrein marktliberale Positionen, die sich ganz explizit gegen die Interessen der meisten ihrer Wähler richten.

[…] Die AfD ist eine zutiefst elitäre Partei, die es dank dieses Medienversagens wundersamerweise geschafft hat, sich als anti-elitäre Partei darzustellen. Und solange die Medien ihr eigenes marktliberales Mantra nicht hintanstellen und auf diese Diskrepanz hinweisen, wird auch die Fokussierung in Dauerschleife auf den völkischen Charakter der AfD folgenlos verhallen. […] Dass die AfD zusätzlich auch auf FDP-Niveau markt- und wirtschaftsliberal daherkommt, dürfte indes nur wenigen Wählern dieser Partei bekannt sein.

Um Inhalte geht es bei der AfD jedoch offenbar nur am Rande. Das anti-elitäre Gehabe und die Positionierung als Gegner des Establishments ist das eigentliche Erfolgsrezept dieser Partei. Die Menschen wählen die AfD ja nicht, weil sie deren Programm so toll finden und auch die Spitzenkandidaten begeistern ja eher durch ihre piefige Mittelmäßigkeit. Nein, die AfD wird gewählt, weil dies der größtmögliche Protest ist, den der Bürger dem politischen und medialen Establishment entgegenschleudern kann. Die AfD ist der Schraubenschlüssel, den man ins Getriebe des Systems wirft – nicht, um es nach seinen Vorstellungen zu reparieren, sondern um es zu beschädigen, ja vielleicht sogar zu zerstören. […]

Wenn beispielsweise die kommissarische SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig fünf Jahre nach dem Einzug der AfD in die ostdeutschen Landtage immer noch in aufgesetzter Empörung gerade so tut, als wüsste der arme Wähler nicht, dass die AfD eine rechte – in Teilen gar rechtsextreme Partei – ist, verkauft sie die Menschen doch letztlich nur für dumm. Die merken das und ihre Ablehnung für das Establishment wächst mit jeder inhaltsleeren Sonntagsrede von Tag zu Tag. […]
Manuela Schwesig teilt beispielsweise die Menschen in »diejenigen, die auf eine solide und gute Regierung setzen« und »die AfD, der es gelungen [sei], Protest zu schüren und den bei sich einzusammeln«. Solche Sätze sind in Brandenburg, wo die Mehrheit der Wähler eben nicht Schwesigs Meinung teilt, dass die Regierung »solide und gut« gearbeitet habe, eigentlich beste Wahlwerbung für die AfD, die so auch noch von außen das Prädikat des Interessenvertreters der Unzufriedenen verliehen bekommt. Besser könnte es nicht laufen.

Wer die AfD wählt, zeigt dem Establishment an der Wahlurne den virtuellen Stinkefinger. Und wenn das Establishment sich darüber echauffiert, ist dies natürlich um so schöner. Wer die Sonntagsreden der mehr und mehr abgehobenen »Berliner Blase« des politisch-medialen Komplexes nicht mehr hören kann, der wird durch deren schrille Warnungen vor der »bösen AfD« im Zweifel eher zum Kreuz bei der AfD hingezogen. […]

Wer die AfD wirkungsvoll bekämpfen will, muss dies nicht nur auf kommunikativer, sondern vor allem auf politischer Ebene angehen. Gute Politik ist die beste Impfung gegen Erfolge der AfD. Und hier kommen wir zum eigentlichen Kern: Die Erfolge der AfD sind eine direkte Folge der schlechten Politik der vergangenen Jahre und Jahrzehnte. Nun ist der Geist aber aus der Flasche und Sonntagsreden sowie wenig überzeugende Eigen-PR werden ihn auch nicht wieder in die Flasche befördern.

Wenn man sieht, dass jeder dritte ostdeutsche Arbeitnehmer dem Niedriglohnsektor angehört, und registriert, dass 78% aller sächsischen AfD-Wähler die Aussage »Ostdeutsche sind Bürger zweiter Klasse« unterschreiben, ist es doch eigentlich gar nicht schwer, den ersten Hebel für eine wirksame Politik gegen rechts zu finden. […]

Glückliche Menschen wählen nicht die AfD. Wer die AfD nachhaltig bekämpfen will, muss daher die Interessen der Menschen ernst nehmen und eine Politik umsetzen, die den Menschen ihre Nöte, Sorgen und Ängste nimmt, ihnen ihr Selbstbewusstsein zurückgibt und sie positiv in Richtung Zukunft denken lässt. Nur durch eine solche Politik wird man den blau-braunen Geist wieder in die Flasche zurückbekommen. Ansonsten werden wir in spätestens fünf Jahren die ersten Koalitionen zwischen der Union und der AfD sehen.

Dem stimme ich zu.

Und nun mache ich mit meinem Senf noch einen Klecks drauf.

Wie könnten Menschen glücklich sein oder werden – was brauchen sie dafür?

Die nicht nur behauptete, sondern auch reale und gefühlte Sicherheit,

  • nicht hungern zu müssen,
  • sich kleiden zu können,
  • Wohnraum zu haben,
  • für sich selbst frei entscheiden und
  • über sich selbst frei verfügen zu können,
  • vor Übergriff oder
  • Ausgrenzung,
  • von Anderen anerkannt und respektiert zu werden

– und zwar jederzeit, glaubwürdig und dauerhaft.

Wie erreichen wir das?

Mit einer »universalen Basis für ein freies Leben« (UBFL), bisher allgemein auch »bedingungsloses Grundeinkommen« (BGE) genannt – siehe »Nomen est omen«.

Diese »universalen Basis für ein freies Leben« (UBFL) sollte folgende Kriterien erfüllen:

  • individueller und dauerhaft garantierter Rechtsanspruch
  • ausreichende Höhe für Existenzsicherung und gesellschaftliche Teilhabe
  • keine Bedürftigkeitsprüfung
  • kein Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen
  • unabhängig von anderen Einkommensarten
  • regelmäßig und unbefristet
  • zur freien Verfügung in aktuell gültiger gesetzlicher Währung ausgezahlt

Siehe »Grundeinkommen – Neudefinition 2019«.

Wenn

  • die notwendige Versorgung und die gesellschaftliche Teilhabe
  • für alle Mitglieder der Gesellschaft
  • unvoreingenommen, also ohne Bedarfsnachweis, Gegenleistungsdruck oder Arbeitszwang
  • dauerhaft und nicht nur über einen begrenzten Zeitraum
  • rechtsverbindlich zugesagt und gewährleistet wird – möglichst als unveräußerliches Grundrecht –

dann können die Menschen

  • einander offen begegnen, weil niemand Angst haben muss, wegen vermeintlicher Bevorzugung anderer Menschen in existenzielle Gefahr zu geraten,
  • angstfrei nach Betätigungsfeldern suchen und ihre Fähigkeiten testen, weil bei »Fehlversuche« nicht Existenznot oder gar -zerstörung droht,
  • endlich lebenslang lernen – was auch immer sie als wichtig und interessant erachten mögen oder wozu sie sich fähig fühlen,
  • neue Arbeitsplätze schaffen, ohne dadurch die eigene Existenz zu gefährden,
  • darüber nachdenken und daran mitarbeiten, wie wir unser Zusammenleben, unseren Umgang miteinander und mit unserer Umwelt in Zukunft verbessern können,
  • aktiv dabei helfen, Umweltschäden zu heilen und in Zukunft zu vermeiden, neue anzurichten,
  • sich Anderen fürsorglich zuwenden, ohne Sorge um die eigene Zukunft,
  • studieren, was sie tatsächlich interessiert, ohne Angst, ob später damit »die Familie durchgebracht« werden kann,
  • lebenslang arbeiten, egal, ob dafür ein Einkommen erzielt wird, das für ein würdiges Auskommen genügt,
  • Pausen vom Arbeiten einlegen – solange es nötig ist oder einfach mal andere Dinge wichtiger sind als Erwerbsarbeit

und Vieles mehr.

Wenn man also auf die Titelaussage reflektiert, kann man feststellen:
Wer sich für eine »universalen Basis für ein freies Leben« (UBFL) einsetzt, macht die AfD überflüssig.

Wie siehst du das – ähnlich oder ganz anders?
Schreib mir deine Meinung unten in die Kommentare – herzlichen Dank.

Viele Grüße
Detlef Jahn

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