Replik auf Coote: »Die gefährliche Illusion des Grundeinkommens«

Die Online Zeitschrift ipg-journal wird erstellt vom Referat Internationale Politikanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dort erschien am 13.2.2018 unter der Adresse http://www.ipg-journal.de/regionen/global/artikel/detail/die-gefaehrliche-illusion-des-grundeinkommens-2576/ ein Artikel von Anna Coote unter dem Titel »Die gefährliche Illusion des Grundeinkommens«, den ich hier jetzt kommentiere. Als PDF kannst du ihn dort herunterladen: http://www.ipg-journal.de/pdf/?tx_webkitpdf_pi1%5Burls%5D%5B0%5D=http%3A%2F%2Fwww.ipg-journal.de%2Fregionen%2Fglobal%2Fartikel%2Fdetail%2Fdie-gefaehrliche-illusion-des-grundeinkommens-2576%2F.

Wenn eine Idee die Fantasie der Öffentlichkeit anregt, können Experten und Politiker ihr nur schwer widerstehen. Auch, wenn sie von keinerlei Erfahrungswerten gestützt wird. Auch, wenn sich bei näherem Hinsehen herausstellt, dass ihre Umsetzung kontraproduktiv oder gar unmöglich wäre.

Ich habe ja ganz grundsätzlich gar kein Problem damit, wenn man sich mit einer Idee beschäftigt und dann im Laufe der Auseinandersetzung zu dem Schluss gelangt, dass man die Idee schlecht findet – sofern man diese Meinung auch sachlich (und nachvollziehbar) begründet.

Schlecht finde ich, wenn jemand vorgibt, sich mit einer Idee zu befassen, aber bereits zu Beginn klarstellt, dass er/sie die Idee schlecht findet.

Was bei solchen Ideen zählt, ist die Bühne, die sie ihren Befürwortern bereiten, die Energie, die sie freisetzen und die Wählerstimmen, die sich mit ihnen gewinnen lassen.

Das ist bei jeder Idee so.

Man will ja schließlich die Idee bekanntmachen und Andere von ihr überzeugen und im Idealfall seine Idee auch Realität werden lassen. Sonst könnte man es ja gleich bleiben lassen.

Gleiches gilt für die Gegner einer Idee.

Das ist also schon mal kein Argument – erst recht keins gegen ein Grundeinkommen.

Ein Beispiel dafür ist der Brexit. Auch Donald Trumps mexikanische Mauer gehört dazu. Und als drittes würde ich das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) hinzufügen – also den Vorschlag, dass jeder Bürger, ob er arbeitet oder nicht, von der Regierung pauschal eine wöchentliche oder monatliche Zahlung erhält.

Also, bei allem Wohlwollen… Trumps Mexiko-Mauer und den Brexit in einem Atemzug mit dem (bedingungslosen) Grundeinkommen zu nennen, ist schon sehr bezeichnend.

Es soll also von vornherein gar keine sachlich-vernünftige Befassung mit der Idee stattfinden, sondern eine grundsätzliche Verneinung verkündet werden.

Wir werden sehen, ob auch ein paar vernünftige Argumente kommen oder wieder nur Polemik, wie immer bei den Kritiken am bGE.

Milliardäre für das Grundeinkommen

Das BGE steht immer stärker in der Kritik.

Eine Einschätzung, die ich nicht nachvollziehen kann – mein Eindruck ist das genaue Gegenteil.

Die Gegnerschaft ärgert nur, dass sie bisher keine zwingenden Argumente gegen ein bGE gefunden hat.

Aber der Hype, es weltweit in Ländern und Städten ausprobieren zu wollen, ist ungebrochen.

Stimmt. Ärgerlich, nicht wahr?!

Dass diese Entwicklung gegenüber kritischen Stimmen immun zu sein scheint, ist bedenklich.

Nein, ganz und gar nicht.

Die Ursache ist, dass die kritischen Stimmen bisher nicht ein zwingendes Argument gefunden haben, sondern nur hilflos polemisches Giftgas versprühen.

Und die Tatsache, dass sich Radikale von beiden Enden des politischen Spektrums für das BGE stark machen, sollte eigentlich sämtliche Alarmglocken läuten lassen.

Genau.

Dass nämlich die Idee vielleicht doch ganz gut zu sein scheint, wenn sie so verschiedene Positionen einen kann…?!

Aber das darf ja nicht sein, denn dann könnte sich womöglich zeigen, dass die ganzen »etablierten« Partei-Apparatschiks die eigentlichen Sünder sind, weil sie es sind, die zukunftsträchtige Ideen unterdrücken.

Wie Daniel Zamora argumentiert, ist dies eine Idee, deren Zeit gekommen ist – aber nicht, weil sie gut oder praktikabel wäre, sondern weil sie dem Zeitgeist entspricht. Er schreibt: „Während die Politik nach rechts driftet und die sozialen Bewegungen in die Defensive geraten, ist das BGE auf dem Vormarsch … nicht als Alternative zum Neoliberalismus, sondern als eine Kapitulation vor ihm.“

Eine angstgesteuerte Kampfparole, aber kein Argument.

Man kann alte Zitate verdrehen wollen, wie man nur kann – deren Richtigkeit kann man damit nicht zerstören.

Oder man bekennt sich als Anhänger des »Ministeriums für Wahrheit«.

Wir müssen, wie auch fast alle seiner Befürworter, davon ausgehen, dass ein solches Grundeinkommen nur sehr niedrig sein könnte. Selbst die Zahlungen des großzügigsten BGE-Programms, das von der britischen Aktionsgruppe Compass vorgeschlagen wird, liegen deutlich unterhalb der Armutsgrenze. Dies bedeutet, dass Menschen, die nicht arbeiten können, zusätzliche Zahlungen erhalten müssten – was das viel zitierte Versprechen zunichte macht, ein BGE würde das soziale Sicherungssystem vereinfachen und das Stigma der Antragstellung wegfallen lassen.

Es mag ja möglicherweise sein, dass das im genannten Beispiel so ist (ich habe das jetzt nicht extra geprüft). Daraus aber zu verallgemeinern, dass das deshalb grundsätzlich so sei, ist … ähm … unprofessionell – oder schlicht bösartige Absicht.

Ein bezahlbares BGE würde nicht ausreichen und ein ausreichendes BGE wäre nicht bezahlbar.

Sagt wer – die Autorin?

Dann kann ich ihr nur zurufen: lernen Sie, Quellen zu studieren – selbst lesen, nicht zuarbeiten lassen…! Ein erster Anlaufpunkt wäre hier mein Blog und wenn es breiter und tiefer sein darf, dann empfehle ich das Netzwerk Grundeinkommen (https://www.grundeinkommen.de/). Dort gibt es sehr umfangreiche Informationen und vielfältige Berechnungen zum Grundeinkommen. Und die meisten befinden, dass ein Grundeinkommen sehr wohl finanzierbar ist.

Wir haben hier also – wie immer in solchen Artikeln (!) – entweder galoppierende Ignoranz oder vorsätzliche Bösartigkeit. Angesichts der Qualifikation der Autorin kann ich eigentlich nur letzteres unterstellen, denn:

»Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!« (Berthold Brecht)

Was das Grundeinkommen zu bieten hätte, wäre lediglich eine geringfügige Erhöhung der Grenze, oberhalb derer dann weitere – von Bedingungen abhängige – Zuwendungen erforderlich wären.

Nein – siehe »35 Millionen Bessergestellte«.

Und sogar dafür würden wir, um es bezahlen zu können, massive Steuererhöhungen benötigen. Kurz gesagt: „Ein bezahlbares BGE würde nicht ausreichen und ein ausreichendes BGE wäre nicht bezahlbar.“

Nein – siehe »Und es funktioniert doch!« oder auch »Wie kommt das Grundeinkommen in die Welt?«.

Warum also sollen wir etwas einführen, das der britische Ökonom Ian Gough eine „mächtige neue Steuerzahlmaschine, um einen ziemlich kleinen Karren zu ziehen“ nennt? Wessen Interessen würde dies wirklich dienen?

Den Menschen und dem gesellschaftlichen Fortschritt, der Umwelt, dem (sozialen) Frieden…

Leere Versprechen

Das BGE ist eine individualistische Geldintervention, die die soziale Solidarität untergräbt und nichts gegen die zugrunde liegenden Ursachen von Armut, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit ausrichten kann.

Leere Parolen, die nichts als Verunglimpfung zum Ziel haben.

Und wie immer: kein einziges Sachargument, das diese kruden Behauptungen untermauern würde.

Denn dies sind systembedingte Probleme, die von den Menschen gelöst werden müssen, indem sie zusammenkommen und gemeinsam die Kontrolle über die lokale wirtschaftliche Entwicklung, die Lohnverhandlungen und die nationalen Investitionen in Industrie und Infrastruktur übernehmen.

Das stimmt.

Das nehmen wir in Angriff, wenn wir dank des Grundeinkommens und losgelöst vom Erwerbsarbeitszwang dafür »den Kopf frei haben«.

Und genau das ist es nämlich, wovor die Mächtigen sich vor Angst in die Hosen machen.

Regierungen, die den Menschen kleine Geldbeträge geben, machen dabei keinen Unterschied.

Das stimmt.

Deshalb sind die es, die dann zuerst abdanken dürfen. Dann können endlich Leute ran, die auch wirklich mal die Menschenrechte und die Bewahrung der Umwelt für nachfolgende Generationen im Sinn haben und nicht nur kurzfristige Machtgeilheit.

Die linken Befürworter des BGE Nick Srnicek und Alex Williams behaupten, es würde die „Asymmetrie der Macht zwischen Arbeit und Kapital beseitigen, indem es die Arbeit von ihrer Eigenschaft als Ware löst und die zwanghaften Aspekte bezahlter Arbeit lockert“.

In einem Punkt muss ich widersprechen: die Eigenschaft als Ware wird der (bezahlten Erwerbs-) Arbeit erhalten bleiben.

Aber die Arbeit als solches wird einen völlig anderen Stellenwert im Selbstverständnis der Menschen erhalten, wenn sie diese in Selbstbestimmung frei wählen und ausüben können, weil die Arbeit vom Zweck des nackten Lebensunterhaltes befreit ist.

Aber die Sache hat einen Haken: Dies wird nur geschehen, sagen sie, wenn das BGE „für ein ausreichendes Einkommen sorgt, um davon leben zu können“.

Das ist der Sinn des Ganzen. Nachzulesen unter https://www.grundeinkommen.de/die-idee:

Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das eine politische Gemeinschaft bedingungslos jedem ihrer Mitglieder gewährt. Es soll

  • die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
  • einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
  • ohne Bedürftigkeitsprüfung und
  • ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.

Das Grundeinkommen stellt somit eine Form von Mindesteinkommenssicherung dar, die sich von den zur Zeit in fast allen Industrienationen existierenden Systemen der Grund- bzw. Mindestsicherung wesentlich unterscheidet. Das Grundeinkommen wird erstens an Individuen anstelle von Haushalten gezahlt, zweitens steht es jedem Individuum unabhängig von sonstigen Einkommen zu, und drittens wird es gezahlt, ohne dass eine Arbeitsleistung, Arbeitsbereitschaft oder eine Gegenleistung verlangt wird.

Wie wir gesehen haben, ist dies nicht annähernd möglich.

Wie wir (Befürworter) nachweisen können, ist das locker möglich – nur wollen müsste man es…

Reicht das BGE nicht aus, um eine Arbeit ablehnen zu können, kann es nur die Löhne drücken und zu immer mehr schlechten Arbeitsplätzen führen (die man immer noch nicht ablehnen kann).

Eine Binsenweisheit.

Deshalb ja auch die obig zitierte Definition und die entsprechenden ebenfalls oben angeführten Berechnungen. Einfach mal Quellen studieren – das würde den Horizont durchaus erweitern. Wenig hilfreich ist dabei natürlich, wenn man den eigenen Verstand dabei abschaltet oder wenn man vorsätzlich nur Quellen heranzieht, die heillos veraltet sind oder die mit gezinkten Karten arbeiten oder schlicht lügen, wie es gerade passt.

Der Abschied vom Wohlfahrtsstaat

Die Idee, Einzelpersonen Geld zu geben, passt zu der neoliberalen Behauptung, Dienstleistungen seien besser, wenn sie von Märkten bereitgestellt und von zahlenden Kunden nachgefragt werden.

Eine konstruierte Behauptung, für die ich gerne Belege hätte.

Die Neoliberalen, die bisher mit der Idee eines (bedingungslosen) Grundeinkommens konfrontiert wurden, haben allesamt dankend abgelehnt.

Tatsächlich wird das BGE bei Pilotprojekten in Ländern ohne kostenlose öffentliche Dienstleistungen oft dazu verwendet, grundlegende Güter wie Ausbildung und Gesundheitsleistungen zu kaufen.

Wenn dort Bildung und Gesundheit so organisiert sind, mag das verbesserungswürdig sein.

Was genau aber ist nun wieder schlecht oder gar falsch daran, in Gesundheit und Bildung zu investieren? Allerorten bekommen wir doch aufs Brot geschmiert, dass Bildung und Gesundheit die wichtigsten Güter seien, um gerade aus Armut herauszukommen.

Was darf es denn nun sein…?!

Einer der gefährlichsten Aspekte dieser „radikalen“ Idee besteht allerdings darin, dass sie dazu beitragen kann, den Wohlfahrtsstaat abzubauen – indem sie die Ideologie der Privatisierung und Monetarisierung fördert und große Geldbeträge aus den öffentlichen Kassen abzieht.

Einfach nur eine dreiste Lüge.

Oder einfach nur eine dumme Fehleinschätzung?

Ein Grundeinkommen befreit doch nicht den Staat davon, sich um die Bedürftigen zu kümmern. Es gäbe auch mit einem Grundeinkommen Menschen, die aus individuellen Gründen Sonderbedarfe haben, die ein Grundeinkommen auch mal deutlich übersteigen. Diesen Menschen muss doch dann auch geholfen werden.

Nur dass dann eben die Zahl der antrags- und nachweispflichtigen Bedarfe dramatisch sinken würde, weil eben nicht das allgemein notwendige Lebensunterhalts-Minimum der oft erniedrigenden Antrags- und Nachweispflicht unterläge, sondern gemäß der Menschenrechtskonventionen tatsächlich vorbehaltlos gewährt würde – »Die Würde des Menschen ist unantastbar.«

Aber kollektiv bereitgestellte öffentliche Dienstleistungen, die je nach Bedarf von allen abgerufen werden können, bieten ein viel besseres Preis-Leistungs-Verhältnis als kommerzialisierte Dienste. Sie wirken mit größerer Wahrscheinlichkeit integrativ und egalitär und fördern eher die Solidarität.

Ja, das ist so.

Und inwiefern steht dem ein Grundeinkommen im Wege?

Außerdem stellen sie ein erhebliches virtuelles Einkommen dar, das stark umverteilend wirkt.

Das wird von vielen Befürwortern angestrebt, ist aber nicht zwingend notwendig.

Ein Grundeinkommen kann ohne (größere) Umverteilung realisiert werden und eine Umverteilung ist auch ohne Grundeinkommen möglich (und wünschenswert). Beides bedingt einander nicht notwendigerweise.

Laut der Wohlfahrtsorganisation Oxfam verringert diese Art von „Sozialeinkommen“ die Einkommensungleichheit um 20 Prozent.

Selbst wenn das notwendigerweise so wäre – was ist daran falsch?

Es würde den sozialen Frieden wieder ein kleines Stück festigen.

Und seien wir doch mal ehrlich: Die Reichen würden nicht wirklich an Wohlstand einbüßen, gäben sie 20 % an die Armen ab…! Wer das ernsthaft bestreitet, hat entweder nicht alle sprichwörtlichen »Tassen im Schrank« oder ist tatsächlich bösartig motiviert.

Von der Wiege bis zur Bahre

Viel überzeugender als ein BGE ist die Idee der „UGD“, also der „universellen grundlegenden Dienstleistungen“, die momentan von Ökonomen des Global Prosperity Institute der Universität von London entwickelt wird. Ihr Ziel besteht in „öffentlichen Dienstleistungen, die es allen Bürgern ermöglichen, ein besseres Leben zu leben“, ihnen also Zugang zu Teilnahmemöglichkeiten, Sicherheit und Chancen bieten. Dies geht über das Ausbildungs- und Gesundheitswesen hinaus und umfasst auch Transportmittel, Informationen, Unterkunft und Nahrungsmittel – Güter, die allgemein „als grundlegend für die vollständige Teilnahme an einer modernen, entwickelten Volkswirtschaft betrachtet werden“.

Ich kenne keinen ernstzunehmenden Grundeinkommensbefürworter, der dagegen wäre, wenn ein Teil des Grundeinkommens nicht in Geld, sondern in öffentlichen Dienstleistungen gewährt würde.

Hier einen Konflikt herbeizureden, ist wieder einmal deutliches Anzeichen für Unwissen oder Vorsatz oder sträfliche Ignoranz.

Durch technische Analysen kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass der Zugang zu Dienstleistungen bereits durch ziemlich geringe Anpassungen des Steuersystems finanziert werden kann. Auf diese Art werden die Bedürfnisse der untersten Einkommensschichten direkter befriedigt und „bei gleichem Geldeinsatz grundsätzlich größere Werte geschaffen als durch Geldverteilung“. Solche Reformen würden „über die gesamte Volkswirtschaft hinweg Mehrwert erzeugen, neue Aktivitäten anregen und den zu verteilenden ‚Kuchen’ vergrößern“.

Sie haben gar nicht verstanden, das es gar nicht ums Geld geht, sondern um Befreiung.

Aber das wollen sie ja offensichtlich auch gar nicht verstehen. Denn wenn etwas nicht direkt in »Mehrwert« umzumünzen geht, ist es schlecht und muss abgelehnt und bekämpft werden.

Dadurch, dass die Unterstützerbasis des BGE wächst, blockiert sie politische Energie, die dringend für vernünftigere Ziele benötigt wird.

Falsche Schlussfolgerung, die nur die eigenen Vorurteile bestätigt.

Die Befreiung vom Erwerbsarbeitszwang zum Zwecke der Sicherung des Lebensunterhaltes – und nur darum geht es beim Grundeinkommen – führt dazu, dass eine Kraft und Menge an »politischer Energie für vernünftige Ziele« freigesetzt wird, von der Sie sich offensichtlich gar keine Vorstellung machen können.

Oder vor der die Grundeinkommensgegner eben gerade furchtbare Angst haben – was die wahrscheinlichere Motivation für derartig plumpe Polemik sein dürfte.

Viele linke Unterstützer des BGE behaupten, auch sie wollten die öffentlichen Dienstleistungen verteidigen. Allerdings kümmern sie sich nicht darum, wie diese Dienstleistungen gestärkt oder verbessert werden können. Sie ignorieren die offensichtliche Gefahr, dass lediglich Geld von einer Tasche in die andere wandert, ohne etwas Positives zu bewirken.

Ganz im Gegenteil: In vielen Diskussionen wird neben dem Grundeinkommen genauso vehement die Verbesserung gerade der öffentlichen Dienstleistungen gefordert – von den selben Leuten, die ein Grundeinkommen fordern.

Und ganz im Gegensatz zu der dreisten Behauptung sind es die »etablierten« Kräfte, die mit Nachdruck die Übertragung der öffentlich-rechtlichen Dienstleistungen an Privatunternehmen betreiben und damit die Versorgung der Gesellschaft dramatisch verschlechtern und sogar gefährden.

Lügen, nichts als Lügen, bösartige Unterstellungen und angsterfüllte Vorurteile.

Und wie immer: Kein einziges Sachargument, das auch nur eine Minute einer Prüfung standhielte.

Täuschend einfach

Es gibt machbare Alternativen, die – in philosophischer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht – viel besser dazu geeignet sind, die Probleme von Armut und Ungleichheit zu lösen. Beispielsweise sollten wir uns für garantierte Mindestlöhne einsetzen – gemeinsam mit großzügigerer Förderung von Kindern und einem Entlohnungssystem für Pflegepersonal. Letzteres könnte auf dem Prinzip von Zeitkonten beruhen, mit denen die Zeit, die für die Pflege anderer Menschen aufgewendet wird, im Gegenzug auf die eigene Rente oder eigene Pflegekosten angerechnet werden kann. Unsere öffentlichen Dienstleistungen, die durch Sparmaßnahmen massiv gefährdet sind, müssen wir dringend verteidigen.

Leider löst aber keine dieser Maßnahmen das Grundsatzproblem, dass Menschen unfrei sind.

Aber leider lockt das vermeintliche Wundermittel einer täuschend einfachen Idee den Blick der Öffentlichkeit in eine andere Richtung.

Das behauptete »Wundermittel« will gar keins sein.

Aber es ist eine mächtige Ermöglichung.

Ein BGE kann, wenn es auch nur annähernd durchführbar sein soll, nicht dazu beitragen, Arbeitern durch die Möglichkeit gemeinsamen Verhandelns mehr Kontrolle zu geben – also die Fähigkeit, ihre Löhne und Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Ganz im Gegenteil – es würde ermächtigen, »Nein, danke!« sagen zu können.

Es würde den Arbeitgebern keinerlei Anreize dafür bieten, gerechte Löhne zu zahlen oder die Unterschiede innerhalb der Hierarchie am Arbeitsplatz zu verringern.

Nein, es würde sie dazu zwingen.

Denn wenn der Unternehmer kein gutes Betriebsklima, keine ordentlichen Arbeitsbedingungen und in Relation dazu kein vernünftiges Lohnangebot unterbreitet, hört er: »Nein, danke!« und kann seine Arbeit alleine erledigen.

Und es wäre nicht in der Lage, die Machtverhältnisse zwischen Arbeit und Kapital zu ändern.

Was zu beweisen wäre…

Ich und viele andere Befürworter sehen das ganz anders.

Und genau deshalb schlottern den Mächtigen nämlich die Knie.

„Bedingungslose“ Zahlungen im Rahmen eines BGE würden die Armut oder Unsicherheit nicht abschaffen.

Eine Falschbehauptung, die unbewiesen ist.

Nein – eine Falschbehauptung, die längst widerlegt ist.

Sie würden lediglich der hart erarbeiteten sozialdemokratischen Tradition der öffentlichen Dienstleistungen schaden, die für alle Bedürftigen zur Verfügung stehen.

Nein – sie würden endlich alte sozialdemokratische Wünsche erfüllen helfen.

Und tatsächlich würden sie dem modernen Kapitalismus kein Haar krümmen.

Nicht direkt aus sich selbst heraus – ja, das stimmt.

Aber im Windschatten würde eine Lawine auf den Kapitalismus herniederrollen.

Kein Wunder, dass diese Idee bei den Konzernchefs von Silicon Valley so beliebt ist. In ihrer Welt, wo Automatisierung das Gebot der Stunde ist, glauben sie, dass ihre Interessen am besten durch fügsame Bürger bedient werden, die ihren Chefs nicht im Wege stehen und lediglich genug Geld haben, um weiter konsumieren zu können.

Eine Befürchtung (und bisher die einzige), die ich teile und die meiner Meinung nach sehr real ist.

Und was könnte dabei attraktiver sein als eine Regierung, die zusätzliche öffentliche Gelder dafür ausgibt, um niedrige Löhne und das nachlassende Angebot von gering bezahlten Jobs zu subventionieren?

Das wiederum ist wieder ein Fehlschluss…

Denn dass »die Löhne« niedriger werden, ist längst nicht ausgemachte Sache. Es wird sicher viele Arbeiten geben, die gern gemacht werden und deshalb geringer entlohnt werden könnten. Aber genauso wird es viele Arbeiten geben, für die sich nur mit anständigen, also höheren Löhnen als heute, Menschen finden werden, die sie erledigen.

Fazit:

Wieder einmal kommt von prominenter Stelle nur inhaltsleeres Getöse, das jede stichhaltige Begründung vermissen lässt und das nur aus bösartiger Polemik besteht, die schon von jedem Laien leicht durchschaut werden kann, der nur halbwegs seinen Verstand beisammen hat.

Ein billiger Versuch.

Lasst euch nicht für dumm verkaufen, liebe Leser – bleibt wachsam!

Viele Grüße
Detlef Jahn

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