Schelte aus dem Spiegel – Teil eins

Gestern habe ich im Artikel »Das Virus hält uns den Spiegel« ziemlich heftig Kritik geübt. Wahrscheinlich wird das sehr vielen Menschen nicht gefallen haben, weshalb ich ein paar Dinge zurechtrücken möchte.

Schelte gegen Eltern

Nein, das war keine vorwurfsvolle Schelte, sondern Schilderung der Situation.
Diese ist so, weil wir im derzeitigen profitgierigen System des Wachstumsfetischismus ausgelaugt werden, bis nichts mehr rauszuholen ist. Auf den Menschen als natürliches Wesen will und kann da keine Rücksicht genommen werden – und wer nicht will oder mithält, wird vom System ausgespuckt und weggeworfen.

Und das Verbildungssystem ist vollständig darauf ausgerichtet, unsere Kinder darauf zu trimmen, entweder gefügig zu funktionieren oder als vermeintliche Elite über Andere hinweg zu entscheiden – und wer nicht will oder mithält, wird vom System ausgespuckt und weggeworfen.

Dieses System hat uns ordentlich ausgetrieben, uns für unsere ureigenen Belange einzusetzen – man sieht das zum Beispiel auch daran, wie gering das Interesse ist, in die Gewerkschaft einzutreten, um am Arbeitsplatz die eigenen Rechte besser verteidigen zu können oder auch, wie immer nur Wenige an Elternabenden teilnehmen oder Schulfördervereine unterstützen.

Das Virus hat uns jetzt gezeigt und wird uns noch zeigen, was das derzeitige Wirtschaftssystem anrichtet.

Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass für neu entdeckte »systemrelevante Berufe« in Zukunft tatsächlich bessere Arbeitsbedingungen geschaffen oder relevant höhere Entgelte bezahlt werden?
Die haben doch schließlich schon Beifall vom Balkon bekommen.

Die Diskussion, ob diese Berufe besser bezahlt werden müssen, ist die völlig falsche.

Weshalb wird nicht darüber diskutiert, dass Geburtshilfe, Krankenpflege, Gesundheitsvorsorge, Altenversorgung und Kinderbetreuung und Sterbe- und Trauerbegleitung niemals gegen Geld aufgewogen, und genau deshalb niemals als profitorientierte Wirtschaftsbetriebe in Privatbesitz absolviert werden dürfen?

Alles Andere auch, was eigentlich mit der Bereitstellung von notwendigen Gütern der Allgemeinversorgung zusammenhängt, alles, was unverzichtbar ist für ein gesundes Funktionieren einer friedvollen Gesellschaft, dürfte ebenfalls niemals irgendwelcher Gewinnerzielungsabsicht unterworfen sein:

  • Wasserversorgung und -aufbereitung,
  • Erzeugung und Verteilung von Lebensmitteln (zumindest was (einheimische/regionale Grundnahrungsmittel betrifft),
  • Erzeugung und Verteilung von Energie,
  • Bereitstellung und Betrieb von Infrastruktur für
    • Energieversorgung,
    • Verkehr und
    • Kommunikation (also alles, was früher mal als »Post- und Fernmeldewesen« bezeichnet wurde).

Darüber wird nicht oder zumindest viel zu wenig und zu leise diskutiert.

Leider muss man dafür den »Medien« einen Großteil der Schuld zuweisen, wie ich ja schon im Artikel »Die Schreiberlinge stehen auf der falschen Seite« dargestellt habe.

Der Journalismus sollte sich nicht nur ins sogenannte Tagesgeschäft einmischen, sondern gerade auch bei den großen Fragen des »Wie wollen wir leben?« den Entscheidern deutlich mehr, häufiger und kräftiger auf die Füße steigen – schließlich sind ja auch die meisten Journalisten als Menschen von diesen Fragen betroffen.

Leider ist viel zu viel systemhöriger Gefälligkeitsjournalismus unterwegs, der selbst mehr Lobbyarbeit leistet, als diese kritisch zu hinterfragen und infrage zu stellen (was nicht dasselbe ist).

Und so werden Eltern von allen Seiten alleingelassen und unter ständigem Druck gehalten. Dabei kann nur eine Situation herauskommen, wie ich sie im Artikel »Das Virus hält uns den Spiegel« beschrieben habe.

[Fortsetzung: »Schelte aus dem Spiegel – Teil zwei«]

Viele Grüße
Detlef Jahn

2 Gedanken zu „Schelte aus dem Spiegel – Teil eins“

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