Herr Bohmeyer schreibt ein Buch

Toll.

Ein neues Buch zum Grundeinkommen.

Ich weiß noch nicht, ob ich es lesen will, weil ich mich schon vorab fuchsteufelswild darüber ärgere.

Es gibt einen Artikel auf der Website der Zeit, der sich mit diesem Buch beschäftigt und Auszüge daraus wiedergibt:

Auf der anderen Seite billigt unser System auch allen anderen – »nicht bedürftigen« – Menschen eine Art Grundeinkommen zu: der Zahnärztin, dem Investmentbanker, dem Taxifahrer und der Facharbeiterin. Sie alle haben auch heute schon ein »negatives Grundeinkommen«, also einen Betrag, der ihnen zwar nicht überwiesen wird, auf den sie aber keine Steuern bezahlen müssen: einen Steuerfreibetrag, dessen Höhe kaum jemand bewusst wahrnimmt. 9.000 Euro im Jahr sind steuerfrei, also 750 Euro im Monat. Das alles ist heute schon finanzierbar – keine vermeintlich utopische Milchmädchenrechnung, sondern über Jahrzehnte gewachsene Realität.

Quelle: https://www.zeit.de/arbeit/2019-01/bedingungsloses-grundeinkommen-michael-bohmeyer-buchauszug/komplettansicht

Und genau hier macht er seine tolle emotional-empathische Argumentation wieder kaputt.

Bohmeyer scheint sich von Häni die Unart abgeschaut zu haben, beim Geld immer völlig falsch zu rechnen, einen falschen Weg gehen zu wollen oder es nicht so genau zu nehmen.

Er schreibt ja selbst, dass das Geld bei der ganzen Sache unwichtig sei – jedenfalls nicht das Wichtigste.

Und genau hier irrt der Herr. Denn gerade das Geld ist das Wichtigste, wenn ich den Leuten die Angst nehmen will, den Zweifel, die Unsicherheit, wie das Ganze finanziert werden soll.

Denn ich muss »die Menschen dort abholen, wo sie sind«, um mal einen der dämlichsten aller Sprüche abzusondern, der zwar inhaltlich korrekt ist, aber in der Praxis leider selten beherzigt und gelebt wird.

Die 750 Euro, die der Herr Bomeyer hier anführt sind eben gerade kein Grundeinkommen, sondern erwerbserarbeitet oder anderweitiges (steuerbefreites) Einkommen. Wenn man das unbedingt an diesen schütteren Haaren herbeiziehen will, kann man bestenfalls den Betrag, der als Steuer nicht gezahlt werden muss hernehmen für diesen hinkenden Vergleich, aber auf keinen Fall den Gesamtbetrag, von dem durch die Befreiung keine Steuer entrichtet werden muss.

Und genau an dieser Stelle schlagen die Gegner in die Kerbe – und sie haben recht – dass die Grundeinkommensbefürworter Tagträumer sind, die sich die Welt schönrechnen, wie es ihnen gefällt.

Und jeder, der seinen Verstand beisammen hat und darauf besteht, mit prüffesten Zahlen zu arbeiten, wird als Nestbeschmutzer und Spielverderber ausgebuht…

Die Menschen »abholen, wo sie sind« bedeutet, ihnen vorzurechnen, dass die Sache mit dem Grundeinkommen (finanziell) kein ernsthaftes Problem darstellt und stemmbar ist – mit den entsprechenden Eckdaten und Rahmenbedingungen. Jahrzehnte- und jahrhundertelang wurde den Menschen eingetrichtert, dass es immer nur ums Geld geht und sie erleben es auch in ihrer täglichen, realen Lebenswelt. Und deshalb sind sie konditioniert, aufs Geld zu schauen. Also muss die Argumentation auch sehr sorgfältig mit dem Geld umgehen.

Ich finde es toll, das Geld mal außen vor zu lassen. Aber dann bitte ganz konsequent.

Schreib ein Buch, Herr Bohmeyer, in dem keine einzige Rechnung mit irgendwelchen Zahlen vorkommt, egal, in welcher Währung. Argumentiere mit Freiheit, mit Selbstverwirklichung, mit Ermächtigung, mit Gegenseitigkeit, mit Respekt und was-weiß-ich, wie in diesem Artikel.

Aber lass die Finger vom Geld, denn diese Argumentation beherrschst du offensichtlich nicht, sondern auf diesem Gebiet reißt du mit dem Arsch ein, was du vorher mit den Händen aufgebaut hast.

Mach deine Lotterie, aber versuch nicht länger, anderen zu erklären, weshalb die Finanzierung kein Problem ist – dabei verkackst du immer wieder – lass es einfach – im Interesse des Grundeinkommens.

Wunderbar ist die Verdeutlichung der Effekte eins Grundeinkommens – sehr schön die emotional-positive Ansprache, die Empathie.

Weiter so!

Ja, es ist am wichtigsten, ein Grundeinkommen zu wollen, damit es real werden kann.

Aber jeder, der sich hinstellt und das Geld als unwichtige Nebensache abtut oder der mit ungenauen oder sogar falschen Zahlen arbeitet, schadet dem Grundeinkommen.

Die ganze positive Energie nützt gar nichts, wenn das Zahlenwerk sich als Zahlensalat erweist und von Fünftklässlern zerrissen werden kann.

Denn neben der ganzen Empathie ist am Ende eins am wichtigsten: den Menschen erklären zu können, dass es funktioniert. Wenn das nämlich niemand glaubt, dann kann sich die Empathie in der Nase bohren – es wird niemanden interessieren.

Viele Grüße
Detlef Jahn

4 Gedanken zu „Herr Bohmeyer schreibt ein Buch“

  1. Was redet Ihr da? Denkt endlich in grösseren Zusammenhängen! Wenn der Staat Geld holt bei den privaten Banken, welche das Geld aus der Luft (aus dem NICHTS) beziehen und wir als Bürger dem Staat dann erlauben mit unsern Steuern die Zinsen für die Staatsanleihen an diese Banken zu zahlen, könnte ein einziger Entscheid der Politik – nämlich diese ertrogenen Zinsen nicht mehr zu zahlen, mehr als genug Geld flüssig machen für soziale Ausgaben. Weshalb wird das hier nicht diskutiert? In Frankreich haben die Gelbwesten in ihren Forderungskatalog auch eine Kapital-Transaktions-Steuer vorgeschlagen, womit die Sozialausgaben finanziert werden können. Auch dies ist eine valable Möglichkeit. Ich finde Euere Rechnerei viel zu kompliziert. Ich als Volk merke nur, ich bin zu dumm, um dabei durchzusteigen. Es macht einfach nicht „click“. Beim Steuern zahlen für NIX, werde ich wütend auf die Politiker. Dies ist eine Information, die endlich breit veröffentlicht werden muss. Die Kapital-Transaktions-Steuer aber zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, wenn mir klar wird, dass meine eigenen Geld-Transaktionen minimal sind – die der Spekulatnen aber riesig. Das würde was einschenken. Also hopp voran! ! !

  2. »Zweifellos kann der Wegfall des Grundfreibetrags zur Finanzierung eines Grundeinkommens genutzt werden, aber es ist damit noch lange nicht ausreichend finanziert. Dafür könnte man diese Steuer noch weiter erhöhen oder weitere hinzuziehen. Dass man es finanzieren könnte, steht dabei außer Frage. Ob man es finanzieren will, ist eine politische Entscheidung. Und wie das dann am besten aussehen soll, ist noch mal ein ganz eigenes Thema.«

    https://blog.baukje.de/grundfreibetrag-der-einkommensteuer/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert