Parteien raus aus den Parlamenten!

Im Artikel »Replik auf Vater: Was steckt hinter dem bedingungslosen Grundeinkommen?«  habe ich angekündigt, etwas zu Parteien und Gewerkschaften zu schreiben, was ich hiermit jetzt in Angriff nehme.

Ergänzung am 14.11.2018 unten angefügt.

Wikipedia sagt unter https://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Partei:

»Eine politische Partei (lateinisch pars, Genitiv partis ‚Teil‘, ‚Richtung‘) ist ein auf unterschiedliche Weise organisierter Zusammenschluss von Menschen, die innerhalb eines umfassenderen politischen Verbandes (eines Staates o. Ä.) danach streben, möglichst viel politische Mitsprache zu erringen, um ihre eigenen sachlichen oder ideellen Ziele zu verwirklichen und/oder persönliche Vorteile zu erlangen.«

Soweit, so gut.

Und weshalb steht da oben »Parteien raus aus den Parlamenten!« – wie sollen wir denn sonst unsere Gesellschaft organisieren?

Was ist mit der »Demokratie«?

Naja, ich will ja nicht die Demokratie, die angebliche, abschaffen, sondern die Parteiklüngel aus den Parlamenten heraushaben.

  • Warum sorgt der Staat heute nicht dafür, dass Missverhältnisse zwischen Reich und Arm verringert oder sogar beseitigt werden, obwohl er das könnte und nach Grundgesetz sogar zwingend dazu verpflichtet ist?
  • Weshalb sorgt der Staat nicht dafür, dass Umweltschadenverursacher die Schäden wieder beseitigen oder mindestens für Ausgleichshandlungen sorgen und alle Kosten dafür auch selbst tragen?
  • Weshalb bestraft der Staat großwirtschaftliche Betrüger nicht oder nicht in ausreichender Härte (siehe Automobilindustrie, Gammelfleischskandale und andere Vorfälle)?
  • Weshalb mischt sich der Staat in fremde Angelegenheiten ein und diktiert anderen Völkern, wie sie zu leben und zu wirtschaften haben?
  • Weshalb lässt der Staat es zu, dass Menschen mit eingeschränkten Möglichkeiten stärker ausgebeutet werden, als die, die sich (noch wenigstens ein klein wenig) wehren können?
  • Weshalb lässt der Staat es zu, dass Großunternehmen durch deren Anwälte an Gesetzen mitschreiben (oder sie sogar vollständig verfassen), die eigentlich, nach Grundgesetz, gerade die Großkonzerne einhegen sollten, dass aber durch deren Selbstschreibung dieser Zweck naturgemäß gar nicht erreicht werden kann?
  • Weshalb werden Banken mit Steuergeldern gerettet, obwohl sie doch selbst an den Ästen gesägt haben, auf denen sie saßen?
  • Warum ist es überhaupt möglich, dass professionelle Einflüsterer hinter verschlossenen Türen oder gar in Hinterzimmern dafür sorgen, dass solche Gesetze beschlossen werden, die noch dazu auch noch von denjenigen oder deren Beauftragten selbst geschrieben und geliefert werden, die reguliert werden sollen?

Die Liste ließe sich leider noch sehr weit verlängern…

Die Antwort ist:
Weil jeder vernünftige Vorschlag in den Parlamenten grundsätzlich von den anderen Parteien/Fraktionen abgelehnt wird, weil er eben nicht von der eigenen Partei/Fraktion kommt.

Es spielt keine Rolle, ob er sachdienlich, gut durchdacht ist und eine positive Wirkung hätte. Der Vorschlag kommt von der bösen Gegenseite und wird deshalb abgelehnt – rundweg.

Weil die Parlamentarier ihrer Gewissensfreiheit nicht folgen können, weil sie irgendwelchen Vorgaben unterliegen – der Parteiraison, der Regierungslinie, dem Fraktionszwang…

Parteiinteressen haben in Parlamenten nicht verloren – grundsätzlich gar nichts!

Solange wir ein Parteienwahlsystem und eine an Parteien ausgerichtete Parlamentszusammensetzung und parteienorientierte Regierungen haben – solange werden wir keine wirkliche Demokratie haben.

Wir brauchen eine direkte Demokratie, die statt willkürlicher Listen, die in den Parteien ausgekungelt werden, konkrete Personen in die Parlamente entsendet, die in ihrem Wahlbezirk ausschließlich direkt gewählt werden.

Nur dann können diese Einzelabgeordneten ihre Kraft dem Wählerwillen widmen und gemeinsam mit allen anderen Parlamentariern (!) vernünftige, sachbezogene und zukunftsfähige positive Entscheidungen finden und beschließen.

Nur dann sind sie frei in ihrer Entscheidung, nur ihrem Gewissen und dem Wählerwillen unterworfen.

Weshalb gelingen in einer Parteiendemokratie vernünftige, den Menschen dienende Entscheidungen nicht?

Weil die Parteien von Funktionären dominiert werden, die enge Verflechtungen mit den Wirtschafts- und Finanzentscheidern in ihren »Netzwerken« aufgebaut haben und deshalb zwangsläufig vielen vermeintlichen oder sehr realen persönlichen Verpflichtungen unterliegen, die sie dazu zwingen, Jenen zu genügen oder sogar zu dienen, die sie nach oben gebracht haben oder wenigstens dabei halfen.

Wenn der einzelne Abgeordnete in einem kommunalen, Landes- oder Bundesparlament keiner Parteilinie folgen muss, wenn jeder Abgeordnete tatsächlich mit seiner einzelnen Stimme dazu beitragen kann, dass vernünftige und gute Entscheidungen gefunden und beschlossen werden, werden auch die Damen und Herren Politiker/innen wieder von ihren Wählern mit Anerkennung, Ver- und Zutrauen bedacht, Beifall erhalten und mit hoher Bürgerbeteiligung belohnt und auch entlastet.

Und auf der Kehrseite haben die Wähler die Möglichkeit, Fehlverhalten der Abgeordneten mit direkter Nichtwiederwahl zu bestrafen…!

Der Souverän, dem der Abgeordnete einzig verpflichtet ist, ist das (Wahl-)Volk.

Dieser Satz ist angesichts der heutigen Realität geradezu Blasphemie gegenüber dem geschriebenen Gesetz.

Erst, wenn durch Direktwahlen die einzelnen Abgeordneten persönlich den eigenen Wählern gegenüber rechenschaftspflichtig sind und sich nicht länger hinter Parteitagsbeschlüssen verstecken können – erst dann werden wir in die Nähe echter Demokratie kommen.

Deshalb dürfen – wenn wir eine solche echte Demokratie wollen – nur noch Direktkandidaten ins Parlament einziehen.

Parteiwahllisten sollten ausdrücklich verboten werden.

Mehrheiten bei Entscheidungsfindungen dürfen nicht daran ausgerichtet sein, wer welches Parteibuch in der Tasche stecken hat.

In vielen Fällen verstößt die heutige Praxis ganz massiv gegen die Meinungs-, Gewissens- und Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten – und damit gegen das Grundgesetz.

Die nächste Stufe ist dann, die direkte Volksabstimmung auf Bundes-, Landes und auf Kommunalebene uneingeschränkt einzuführen.

Dann fallen Lagerkämpfe weg: »Du Nazi!« oder »Das ist ja ein Linksradikaler!« sind dann nicht mehr nötig, weil man sich leichter über Sachfragen austauschen und bessere Kompromisse finden kann.

Der Einzelne, der an Entscheidungen beteiligt ist, muss dann nicht im Interesse der Parteivorgaben gegen sein Gewissen abstimmen, wie es heute oft der Fall ist.

Es würde entfallen, dass wir politischen Opportunismus pflegen, statt uns um die Menschen und um die Umwelt und damit auch um die nachkommenden Generationen zu sorgen.

Wir hätten die Chance, unseren Enkeln statt »verbrannter Erde« doch noch »blühende Landschaften« zu hinterlassen.

Deshalb:
Parteien raus aus den Parlamenten!

Im Artikel »Da Hab ich es wieder erlebt« wird dieses Thema forgesetzt.

Der nächste Artikel wird sich mit den Gewerkschaften befassen → »Weshalb die Gewerkschaften für ein (bedingungsloses) Grundeinkommen sein müss(t)en«.

Bitte schreib mir deine Meinung unten in die Kommentare und versende den Link zu diesem Artikel (unten, der Briefumschlag), damit Andere ihn lesen können – ich danke dir herzlich.

* * *

phoenix plus, 14.11.2018, 12:45 Uhr:

Republik im Umbruch – Parteien unter Druck

Farah Schlink:

Haben die Parteien es verpasst, ihre Bürger, ihre Wähler mitzunehmen? Ist das jetzt eine Gefahr für das Parteiensystem?

Christopher Lauer, ehemaliges Mitglied der Piratenpartei:

Parteien machen oftmals nicht mehr Politik für Menschen, sondern Politik für den Wahlkreis. Es reicht, auch in der SPD zum Beispiel, vollkommen aus, wenn du gut genug in einem Landesverband vernetzt bist. Du holst zwar deinen Wahlkreis nicht bei der Bundestagswahl, aber du bist im Landesverband so gut vernetzt, dass du noch auf einen sicheren Listenplatz kommst. Da musst du keinen Wahlkampf im Wahlkreis machen. Du bist nicht aktiv irgendwie vor Ort, sondern das einzige, worum es geht ist, deine Hoschis in der Partei zu bespaßen. Das heißt, du machst Politik für den Landesverband, du machst Politik für den Kreisverband.

Du erweckst den Leuten gegenüber, die dich wieder nominieren, den Eindruck, du würdest ja irgendwie irgendwas machen. Dann sind die alle irgendwie zufrieden und was am Ende dann dabei rauskommt, das ist egal.

Quelle: https://www.phoenix.de/sendungen/ereignisse/phoenix-plus/republik-im-umbruch–parteien-unter-druck-a-335852.html

Ein Gedanke zu „Parteien raus aus den Parlamenten!“

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