11: Faul

(Dumm, Faul und Gefräßig – Teil 2)

Nachdem ich in »Dumm« dargelegt habe, dass sich unsere Intelligenz bei der Intelligenzbewertung unseres Diskussionspartners öfters als eher wenig intelligent erweist, widme ich mich in diesem Artikel dem gern und häufig und ›mit Schmackes‹ erhobenen Vorwurf der Faulheit.

»Wenn ›der‹ oder ›die‹ ein BGE bekommt, geht ›der‹ oder ›die‹ doch nicht mehr arbeiten. Und wenn ›die alle‹ dann nicht mehr arbeiten gehen, woher soll denn dann das ganze Geld für das BGE herkommen?! Das sind doch alles Luftschlösser, die ihr da aufblast.«

So oder ähnlich bekommen wir Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) immer und immer wieder die Ohren durchgepustet.

Wir holen dann ganz stolz den Hinweis hervor, dass Umfragen immer wieder zeigen, dass ca. 80 % der Befragten der Meinung sind, dass die Mehrheit der Menschen nicht mehr arbeiten geht, wenn es ein BGE gibt und in der selben Umfrage wiederum 80 % der Befragten angeben, dass sie selbst weiter arbeiten gehen würden, wenn es ein BGE gibt.

Was ist nun von der Position zu halten, dass eine relevante Mehrheit aufhört, arbeiten zu gehen, wenn uns das BGE verlockt, faul zu sein?

Schon der Versuch, sich mit Diskussionsgegnern darauf zu verständigen, worauf man sich denn vielleicht als Definition für ›faul‹ einigen könnte, dürfte mit beiderseits heftigen Reaktionen einen spannenden Verlauf nehmen.

Deshalb werde ich nicht auf dieses dünne Eis gehen und faule Drückeberger suchen, sondern versuchen, fleißige Arbeitswillige zu finden.

Ich möchte nicht anderen Argumenten widersprechen, sondern eigene positive Argumente finden.

Das Statistische Bundesamt informiert in der Pressemitteilung Nr. 137 vom 19.04.2016:

35 % mehr Zeit für unbezahlte Arbeit als für Erwerbsarbeit

»WIESBADEN – Im Jahr 2013 hat die in Deutschland lebende Bevölkerung 35 % mehr Zeit für unbezahlte Arbeit aufgewendet als für bezahlte Erwerbsarbeit. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, ergibt sich daraus rechnerisch ein Wert für die unbezahlte Arbeit von 826 Milliarden Euro. Dieser Betrag für unbezahlt geleistete Arbeiten im Haushalt, bei der Betreuung und Pflege von Angehörigen sowie bei der Nachbarschaftshilfe und bei ehrenamtlichen Tätigkeiten liegt höher als die Nettolöhne und -gehälter aller Arbeitnehmer/-innen in Höhe von 780 Milliarden Euro.«

Interessant ist hier die Frage, weshalb so viel Leistung erbracht wird, ohne dafür eine Bezahlung zu erhalten – nach wie vor weit überwiegend von Frauen.

Und interessant ist, was denn passieren würde, wenn die Arbeit, weil nicht bezahlt, nicht mehr erbracht würde. Das führe ich aber hier und heute nicht aus, denn Du darfst Dir auch selbst ein entsprechendes Szenario erdenken.

Was uns zur Frage führt, was genau denn da so alles unbezahlt gearbeitet wird.

Bereits im Artikel »Was würdest Du tun…« habe ich die Frage »Was ist Arbeit« angerissen. Hier setze ich noch einmal an. Wir leisten verschiedene Arten von Arbeit, ohne dass uns das immer so klar ist.

  • Es gibt Arbeit, für die wir bezahlt werden, weil wir sie für Andere verrichten, die sie aus verschiedensten Gründen nicht selbst und/oder allein tun können oder wollen. Das ist die bezahlte Erwerbsarbeit als Angestellte/r.
  • Dann gibt es Arbeit, die wir uns selbst suchen, weil wir sie nützlich und sinnvoll finden und weil wir glauben, sie gut zu können und weil sie uns Spaß macht (wenn wir Glück haben). Diese Arbeit verrichten wir dann selbständig in Eingenregie und Selbstverantwortung, aber auch meist für Andere, die diese Arbeit nicht selbst erledigen können oder wollen – auch hier normalerweise als bezahlte Erwerbsarbeit.
  • Und wir selbst können und/oder wollen ebenfalls nicht sämtliche Arbeit erledigen, die notwendig ist, um unser Leben zu bestreiten und uns mit den notwendigen und den darüber hinaus gewünschten Gütern versorgen zu können. Und dafür bezahlen wir Jemanden, der sie für uns erledigt.

Diese drei Arbeitsfelder sind die Merkmale unserer heutigen Welt der Arbeitsteilung, der sogenannten ›Fremdversorgung‹.

Bis vor gar nicht so sehr langer Zeit hat der weit überwiegende Teil der Bevölkerung die meisten der notwendigen Arbeiten für die eigene Versorgung selbst erledigt. Das war die Zeitdauer der sogenannten ›Selbstversorgung‹.

Bei kritischer Betrachtung stimmt aber auch diese Geschichte wieder mal nicht – wie so viele andere auch nicht stimmen, denn nur die Armen haben sich selbst versorgt. Und auch das nur zum Teil und bei Weitem nicht so vollständig, wie heute oft behauptet wird. Nicht genannt wird dabei, dass die eigene Selbstversorgung neben und vor allem nach der Versorgung der… sagen wir mal ›Nicht-Selbstversorger‹ erarbeitet werden musste. Denn die jeweils Herrschenden haben meist gar nichts zur Versorgung beigetragen – was bis heute so geblieben ist – und seit es Städte gibt sind die Stadtbewohner schon immer selektiv tätig gewesen und waren von vollständiger Selbstversorgung meist genauso weit entfernt, wie wir es heutzutage sind.

Die Selbstversorgung ist ein historisches Märchen, dass schon seit den dunklen Zeiten vor unserer Zeitrechnung nicht mehr Realität war, erst recht nicht überwiegende.

Wenn das stimmt, weshalb bekommen wir es aber immer wieder aufgetischt?

Die kurze Version für freihändig Selbstdenkende?

Bittesehr: Naja, wir sollen in stets glühend gehaltener Erinnerung an furchtbar beschwerliche Zeiten des Mangels und der täglich 20-stündigen Mühsal des Selbstversorgungskampfes dankbar die heutigen Segnungen der modernen Sklaverei – ähm… nein, Arbeitsteilung zu schätzen wissen und ja nicht auf den verwegenen Gedanken verfallen, es könne doch vielleicht sein, dass wir heute gerade durch die Hilfe unserer modernen Technologien und Kenntnisse aus Wissenschaft und Forschung der Besinnung auf das eigentlich Wichtige im Leben erliegen und dann womöglich auch noch aufhören, geistesgestört im Hamsterrad irgendeiner Fata Morgana von Wohlstand hinterherzuhetzen.

Zu allem Übel käme dann auch noch hinzu, dass vielleicht sogar noch die Mächtigen neu lernen müssten, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen oder wenigstens einigermaßen sinnvolle Beschäftigung zu finden, weil sich die Untertanen nicht mehr herumschubsen und bevormunden lassen wollen.

Aber keine Angst.

Solange

  • wir für 299 Euro all-inklusive unsere Mastbäuche drei Wochen von exotischer Sonne verbrutzeln lassen können, weil wir ja hier kein Sonnenlicht haben und weil wir ja den armen Exoten überall auf der Welt unser mühsam erschuftetes Geld bringen müssen, weil die ja sonst gar nix haben, die armen Schweine (die wir erst ins Elend gestürzt haben, aber das wollen wir nicht hören und verwässert hier das Thema…) und
  • solange die privaten Müll-TV-Sender das gefährliche und gefürchtete Nachwachsen von aktiver Hirnsubstanz erfolgreich verhindern und
  • solange die BLÖD-Zeitungen und sonstigen Herrschafts- … ähm, nein ›Leitmedien‹ verschiedenster Coleur sich treusorgend und aufmerksam darum kümmern, dass wir die für uns wirklich relevanten Informationen nie bekommen und
  • solange ›Selfies‹, Fastfood- und Katzenfotos, Sensations-Hoax-Meldungen und Hetz-Nachrichten oder wahlweise auch Schmachtgeschichten von hirnvernebelten ›Erleuchteten‹ das ansonsten eigentlich nützliche Internet vermüllen und
  • solange wir das auch noch begeistert freiwillig über die angeblich sozialen Netzwerke direkt an die Datenkraken und Schlapphutträger liefern und
  • solange wir uns begeistert jubelnd das reale Geld ausreden und wegnehmen lassen und dankbar-gierig nach Plastikkärtchen und Chipimplantaten grapschen, die nur unsere dümmliche Bequemlichkeit und unsere Trägheit bedienen, und wir gar nicht hören wollen, dass wir mit dem Bargeld unsere gesamte Freiheit vollständig und auf einen Schlag verlieren werden,

solange besteht keine Gefahr für die Mächtigen.

Früher haben wir am Stammtisch und an der Kaffeetafel gemeckert und heute toben wir durchs Netz der Netze.

Wichtig war nur immer und ist es heute noch viel mehr, dass wir uns nicht mit relevanten Themen befassen, schon gar nicht mittels ernsthaft-vernünftiger Diskussionen.

Das ist großartig, denn so müssen wir uns nicht die Mühe des eigenen Denkens machen und am Ende vielleicht sogar noch schwere Transparente mit seltsamen Forderungen nach Freiheit herumschleppen, die keiner sehen will. Weil, Freiheit will ja keiner. Hauptsache, wir haben Spaß! Außerdem sind Demonstrationen (vor allem bei Autofahrern) sowieso sehr unerwünscht, weil sie den Straßenverkehr so doll behindern.

Verzeih bitte, ich schweife ab…

Frau Merkel wird übrigens wieder gewählt – nur für den Fall, dass das jemanden interessiert.

Okay, zurück zum Thema.

Oben habe ich geschrieben, dass die ›Selbstversorgung‹ ein Märchen ist. Und jetzt sage ich, auch die ›Fremdversorgung‹ ist ein Märchen.

»Jetzt hat er Unterzucker oder was?!«, höre ich Dich denken.

Nein, hat er nicht. Die Begriffe ›Selbstversorgung‹ und ›Fremdversorgung‹ sind noch nicht sehr alt. Sehr alt ist aber der Begriff ›Arbeitsteilung‹. Wir Menschen teilen Arbeit schon immer, weil es sinnvoll ist, Arbeit zu teilen. Es gibt viele Gründe für Arbeitsteilung:

  • unterschiedliche körperliche Voraussetzungen, geistige Fähigkeiten und verschiedene Interessen der Individuen einer Gruppe und daraus folgend unterschiedliche Spezialisierungen,
  • unterschiedliche Klimasituationen, Bodenerträge und/oder Rohstoffvorkommen in verschiedenen Lebensräumen,
  • dies verwoben mit sich daraus ergebenden Unterschieden der jeweiligen Bedarfe der Individuen oder Gruppen,

also war eine Spezialisierung sinnvoll, ja oft sogar zwingend notwendig.

Außerdem bot die Arbeitsteilung:

  • Verbesserung der Produktqualität,
  • Glättung der Schwankungen von Versorgungsmengen,
  • tiefergehenden technischen Fortschritt, möglicherweise/wahrscheinlich auch schnelleren,
  • Senkung der indivduellen Belastung,
  • gesundheitliche Verbesserungen und damit Verlängerung der Lebenserwartung,
  • Erhöhung der Wehrhaftigkeit, allerdings damit einhergehend auch der Aggressionskraft.

Dies alles sind so schwerwiegende Gründe, Arbeit zu teilen, dass kaum logisch scheint, dass erst neuzeitlich arbeitsteilig gelebt wurde. Ich sehe eher alle Argumente dafür sprechen, dass es Arbeitsteilung gibt, seit Hominide auf der Erde leben.

Eine der ältesten Arbeitsteilungen, die man auch sehr weit verbreitet im Tierreich beobachten kann, ist die zwischen Männchen und Weibchen eines Paares.

Der Olle erschlägt das Mammut oder wahlweise die feindlichen Angreifer.

Und die beste aller Frauen

  • sammelt Beeren und Kräuter, stampft Mais zu Brei und kocht,
  • näht und flickt
    (der Olle hat zu dicke Finger für sowas…!),
  • schabt Fleischreste von der Mammuthaut und macht Felldecken oder Zeltplanen daraus
    (und Suppe oder Hundefutter aus den Fleischresten),
  • füttert die Kinder
    (schließlich wollte das Mutter Natur so, sonst hätte sie den Zausel mit dem Stillen beauftragt und ihm Brüste gegeben…!),
  • versorgt Wunden
    (der Trottel ist ja verletzt und außerdem kennt sie sich mit Kräutern aus, weil sie ja sowieso den ganzen Tag beim Beerensammeln draußen rumwuselt und deshalb weiß, wo zur Hölle das Zeug überhaupt gerade wächst, wenn man es braucht…!),
  • macht Feuer
    (der Kerl ist ja dauernd unterwegs und kann nicht Holz nachlegen und das Feuer würde dauernd erlöschen…!),
  • sammelt Brennholz
    (wo sie schonmal unterwegs und sowieso für das Feuer zuständig ist, kann sie das ja auch gleich noch mitbringen – muss Mann ja nicht nochmal lostraben, wenn Mann vom Kampf gegen Feind oder Mammut erschöpft oder sogar verletzt ist…!),
  • wäscht
    (wenn sie näht und flickt, weiß sie, wie sie es waschen muss – will sich ja nicht Mehrarbeit beim Flicken machen und der Typ hat es mit dem Rücken vom vielen Kämpfen und Mammutfleisch tragen und ist vielleicht gerade verletzt…!),
  • packt die Siebensachen, wenn die Gruppe weiterzieht
    (schließlich ist der Mann auf Patrouille und womöglich in Feindkontakt und wahrscheinlich verletzt…!),

nur, um ein paar Kleinigkeiten aufzuzählen…!

Mist.

Beinahe hätte ich es vergessen:

Der Mann im Hause

  • baut und wartet Werkzeuge, Waffen und Behausungen,
  • tanzt Regen oder wahlweise Mammuts oder den Sieg über den Feind herbei,
  • sorgt für Nachschub am Geschichtenerzählfeuer,
  • lehrt die Kinder die wichtigen Dinge im Leben: wo leben Mammuts und Feinde und wo finde ich Muttern, damit sie meine Wunden versorgt…,
  • führt Verhandlungen und bewahrt das Wissen der Vorfahren,
  • fängt und zähmt Pferde, Wölfe und Schweine
    (schlachten kann die Olle, denn er hat schon genug mit Blut zu tun bei Mammuts und Feinden und seinen Verletzungen…!).

So…!

Ich will damit nicht verheimlichen, dass wir Männer heutzutage schon mal ein klein wenig mehr ›mit im Haushalt anpacken‹ könnten – wenn wir nicht gerade erkältet sind…

Ich will damit nur zeigen, dass Arbeitsteilung durchaus wichtig und wertvoll, nach meiner Meinung sogar unverzichtbar notwendig ist, weil sie entscheidende Vorteile für alle Beteiligten hat – gut, okay, für die Mammuts nicht wirklich, aber für die isses inzwischen sowieso zu spät.

Gleichzeitig sehen wir an den Listen, dass wir noch heute, in modernisierter Form, gleiche oder ähnliche Arbeiten verrichten. Viele Arbeiten erbringen Andere für uns und wir leisten dafür unseren Teil wiederum bei Dritten ab. Das meistens gegen Bezahlung.

Und viele dieser Arbeiten leisten wir gegenseitig ohne gegenseitige Bezahlung, weil wir sie als unverzichtbar ansehen und sie gemacht werden müssen, unbedingt.

Was uns zum nächsten Punkt leitet.

Wenn man nämlich darüber nachdenkt, welche Arbeit am wichtigsten ist, also wirklich und wahrhaftig wichtig – unverzichtbar. Was fällt mir da ein – oder Dir?

  • Reproduktion
  • Kindspflege und Erziehung
  • Nahrungsaufnahme und alle damit direkt verbundenen Tätigkeiten
    (außer Beschaffung, denn die ist heute kaum bis gar nicht mehr ohne Fremdleistung möglich, erfordert also meist Gegenleistung oder Geldzahlung)
  • Schutz vor Naturgewalten (heute ›Wetter‹ genannt), also Wohnung und Kleidung beschaffen und pflegen
    (okay, auch hier ist die Beschaffung ohne Fremdleistung kaum bis gar nicht mehr möglich, erfodert also ebenfalls Gegenleistung oder Geld)
  • Bewahrung von Kultur und Tradition
  • Pflege und Versorgung von hilfsbedürftigen Menschen
  • Bewahrung und Weitergabe von Wissen und Können

Was fällt Dir auf? All das sind Tätigkeiten, die unverzichtbar sind, wenn wir als Menschen weiter bestehen wollen.

Was fällt Dir noch auf? All das sind Tätigkeiten, die heute gar nicht oder am schlechtesten bezahlt werden.

Was steht am anderen Ende der Skala?

  • Aufsichtsratsblender
  • Immobilien- und Börsenspekulant
  • Gift- und industrielle Nahrungsherstellung, oft in Tateinheit
  • Waffenhersteller und -schieber
  • Kreditbetrü… ähm… Bankgeschäftemacher, ähm… na, du weißt schon…
  • Erbschuft (nein, das ist kein Schreibfehler)

Was fällt Dir auf? All das sind die unwichtigsten Tätigkeiten, die man sich nur denken kann, nein, die schädlichsten.

Was fällt Dir noch auf? All das sind die bestbezahlten Tätigkeiten, die es gibt.

Wer mir da mit aller Überzeugung erzählen will, das sei gerecht oder auch nur auf irgend eine noch so absurde Art sinnvoll (das Wort ›vernünftig‹ will ich hier gar nicht verwenden, ich bekäme körperliche Schmerzen), hat nicht alle Tassen im Schrank! In diesem Falle käme wieder einmal Berthold Brecht zum Einsatz:

»Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!«

Kein Mensch der Welt braucht hier ein Studium, egal, wie teuer und wie lang und in welcher Irrenanst… ähm… Studieneinrichtung, um zu erkennen, dass da ganz gewaltig was falsch ist.

Übrigens haben die Briten – die man ja nun getrost als eher ›konservativ‹ einschätzen kann – die Frage gestellt: »Sind Putzfrauen und Müllmänner wichtiger für die Gesellschaft als Banker?«, mit sehr interessanten Ergebnissen. Auch die Kommentare darunter sind aufschlussreich.

Wir lernen also:

  1. Die wichtigsten Arbeiten werden gar nicht oder am schlechtesten bezahlt.
  2. Die meiste Arbeit wird unbezahlt verrichtet.
  3. Ich kenne keinerlei unbezahlte Arbeit, die unwichtig oder gar schädlich wäre.
  4. Die bestbezahlten Arbeiten sind die schädlichsten Tätigkeiten.

Ich weise auf meine bisherigen Artikel hin, in denen ich unter Anderem auch dargestellt habe, dass und weshalb das BGE rein finanziell schon einen sehr starken positiven Arbeitsanreiz setzt.

Wer jetzt noch Angst hat, die Mehrheit würde mit einem BGE nicht mehr arbeiten gehen, sollte mir hier seine Fragen doch ein wenig genauer formuliert stellen, damit ich bessere Antworten geben kann.

Damit will ich den bisher längsten Artikel an dieser Stelle abbrechen. Vielleicht komme ich später irgendwann nochmal darauf zurück. Für heute steht hier genug Text.

— fortgesetzt mit »und Gefräßig« —

Bitte diskutiere mit und kritisere mich – Vielen Dank. Aber vergiss nicht, mir zu huldigen, wenn es Dir ein Bedürfnis ist – ich fühle mich gern geschmeichelt. Das Wichtigste für mich sind aber Fehlermeldungen, damit ich lernen und besser werden kann.

Viele Grüße
Detlef Jahn

[25.1.2021: sprachliche und typografische Korrekturen, keine inhaltlichen Änderungen.]

12 Gedanken zu „11: Faul“

  1. Hier meine Idee zu dem Thema zur Ergänzung:
    Grundsätzlich bin ich ein Fan von der Idee Grundeinkommen. Der Grund, wenn ich schon meine Arbeitskraft verkaufen muss um meine Existenz zu sichern, dann bitte zu fairen Bedingung oder ich will die Chance mir eine Alternative aufbauen zu können.

    Aber der Punkt Faulheit ist für mich leider der Hauptknackpunkt bei dem ich immer wieder hängenbleibe und nicht weiterkomme.

    Faulheit ist in diesem Zusammenhang für mich Anstrengung zu unternehmen bei denen man zurzeit nur wenig motiviert ist.
    Die Angst vor zukünftigen Verringerungen seines gewohnten Lebensstandards ist dabei schon ein mächtiger Gegenpol, der unsere Wirtschaft zurzeit sichert. (Meiner Meinung nach)

    Zusätzlich sind (auch meiner Meinung nach) extrem wenige Menschen bereit dauerhaft einen großen Teil ihrer Wirtschaftseinkünfte mit Menschen außerhalb ihrer Großfamilie/Gemeinschaft zu teilen. Eine Art Faulheit gegenüber allen.

    Wahrscheinlich würden viele Menschen weiterarbeiten nachdem das Grundeinkommen seht. Sie würden sich häufig unmotivierte Arbeit gut bezahlen lassen. Bei einigen Jobs würde das sicher einen positiven Effekt haben (Fachleute und Spezialisten). Aber der aktuelle Trend, dass immer mehr Arbeitsplätze sehr vereinfacht werden, so dass man nach kurzer Einweisung ein Job übernehmen kann, der früher einer richtigen Ausbildung bedarf, bleibt bestehen (gering qualifizierte Arbeiter). Ich denke, dass die Fachleute und Spezialisten sehr gut wegkommen und ihr Zusatzeinkommen richtig steigern können. Der Teil der gering qualifizierten Arbeiter dagegen wird weiterhin Prozentual ansteigen, durch Automatisierung ersetzt, in günstigere Regionen ausgelagert und trotz mehr Einkommen insgesamt nicht besser dastehen (durch Preissteigerung, Wirtschaftsabschwung durch Kongruenz aus dem Ausland und ähnliches)

    Für mich persönlich: Grundeinkommen kommt, Preise in Deutschland steigen, es gibt in der Welt Regionen in der ich mit meinem Grundeinkommen sehr gut leben kann, hmm, bleibe ich? Der einzige Grund zu bleiben ist, nicht zusammen mit anderen das größte Arschloch auf dem Planeten zu sein.

    1. Hallo Lars,
      vielen Dank für deine Meinung/Fragen.

      »Faulheit ist in diesem Zusammenhang für mich Anstrengung zu unternehmen bei denen man zurzeit nur wenig motiviert ist.«
      Faulheit ist für mich, keine Anstrengung zu unternehmen, weil Anstrengung gegen Bequemlichkeit verstößt, weil der ›innere Schweinehund‹ zu stark ist, weil der positive Anreiz, also der anzunehmende/erhoffte Vorteil, zu schwach ist (oder ganz fehlt), den ›inneren Schweinehund‹ oder die Bequemlichkeit zu überwinden.
      Jeder kennt und erlebt das.

      »Die Angst vor zukünftigen Verringerungen seines gewohnten Lebensstandards ist dabei schon ein mächtiger Gegenpol, der unsere Wirtschaft zurzeit sichert.«
      Richtig. Und genau das will das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) (so, wie ich es verstehe) ändern. Basis unserer Wirtschaft soll wieder der Mensch/das Gemeinwesen werden.

      »Zusätzlich sind extrem wenige Menschen bereit, dauerhaft einen großen Teil ihrer Wirtschaftseinkünfte mit Menschen außerhalb ihrer Großfamilie/Gemeinschaft zu teilen. Eine Art Faulheit gegenüber allen.«
      Nein, das sind Vorurteile, Egoismus, Neid und Missgunst.
      Die Menschen müssen verstehen lernen, dass die Vorteile für alle und für sie persönlich überwiegen. Wir gönnen ›den Anderen‹ ja nicht deshalb nichts, weil wir ›schlechte Menschen‹ sind, sondern weil wir Angst haben, dass nicht genug für uns selbst bleibt.
      Unsere Aufgabe als Befürworter ist es, verständlich zu machen, dass niemand echte Einbußen durch ein BGE erfährt, aber alle davon profitieren, auch die Nettozahler. Solange wir herumschreien, dass wir ›denen da oben‹ was wegnehmen wollen, also bei dem System des gegeneinander Arbeitens bleiben, werden wir nichts erreichen. Die Doktrin der Umverteilung ist falsch, weil sie daran festhält, Gegensätze zu betonen. Wir müssen lernen, Gemeinsamkeiten hervorzuheben.

      »Bei einigen Jobs würde das sicher einen positiven Effekt haben (Fachleute und Spezialisten).
      … Ich denke, dass die Fachleute und Spezialisten sehr gut wegkommen und ihr Zusatzeinkommen richtig steigern können.«

      Wahrscheinlich nicht. Da Spezialisten und Fachleute ihren Job eher gern machen, könnten solche Tätigkeiten tendenziell eher billiger werden, weil die im Job selbst steckende Motivation hoch ist: Ich werde gebraucht. Mein Job ist sinnvoll, interessiert mich sehr und er macht mir großen Spaß – er erfüllt und bestätigt mich.

      »Der Teil der gering qualifizierten Arbeiter dagegen wird weiterhin Prozentual ansteigen, durch Automatisierung ersetzt, in günstigere Regionen ausgelagert und trotz mehr Einkommen insgesamt nicht besser dastehen…«
      Wahrscheinlich nicht. Da die heute prekären Beschäftigungen dann mit Einführung eines BGE aufgrund der besseren Verhandlungsposition der Arbeitenden qualitativ stark verbessert (Arbeitsbedingungen) und deutlich besser bezahlt werden müssen, als heute, werden sich genug Menschen finden, die die sinnvollen und nützlichen Arbeiten gern erledigen. Sinnlose Jobs werden sang- und klanglos verschwinden, wie z. B. telefonische Los- und Matratzenverkäufe oder Werbezettelchen in Briefkästen oder an Autoscheiben stecken.

      Wie immer im Leben, ist es oft einfach eine Frage des Betrachtungsstandpunktes: das Glas kann halbvoll oder eben auch halbleer sein. Je nachdem, wie man es sehen WILL…

      Ich hoffe, ich konnte deine Bedenken zerstreuen und deine Fragen beantworten.
      Wie immer gilt: bei Fragen: fragen! Denn: „wer nicht fragt, bleibt dumm.“

      Viele Grüße
      Detlef Jahn

      1. Danke für deine interessante Antwort. Ich musste erst einmal darüber nachdenken.

        Den Punkt den ich dabei unheimlich faszinierend finde:
        Ein Leben in einer Welt, in der man nach dem Wohl aller strebt, funktioniert nachhaltig günstiger als eine Welt in der man nach seinem eigenen Wohl strebt. (Beurteilung aus der Sicht eines neutralen Betrachtes)
        Ich denke dies funktioniert nur für ein Gut, was subjektiv unbegrenzt zur Verfügung steht. Je knapper ein Gut subjektiv eingeschätzt wird, umso größer ist der Egoismus.

        [Um ein persönliches Beispiel zu nennen, dass nichts mit Geld zu tun hat:
        Ich bin sehr bemüht einen anderen Menschen als Individuum zu sehen, von dem ich für vieles Neue inspiriert werden kann, und will ihn ihn auf keinen Fall einzuordnen, abzustempeln oder ähnliches.
        Da ich aber sehr viele Menschen kennenlerne und meine Auffassungsgabe sehr beschränkt ist, ist mir dies oft nicht möglich und ich suche mir besondere Menschen bei denen ich mein Ideal versuche anzuwenden. Die meisten anderen Menschen muss ich leider, sobald ich sie sehe, aufgrund meiner Vorerfahrung mit ähnlichen Menschen beurteilen.]

        Ich finde die Herangehensweise sympathisch Grundbedingungen für fairen Umgang in einer globalen Gemeinschaft zu ändern, die weltweit aktuell kaum vorhanden sind, (da es ein Mächteungleichgewicht gibt) sodass nicht nur unfaires Handeln bestraft wird, sondern faires Miteinander gefördert wird und tendiere für eine schrittweise Regulation des bestehenden Systems. Da ich eher liberal eingestellt bin, würde ich hier ein System, was global -föderale Entscheidungen- unterstützt, bevorzugen.

        1. »…und ich suche mir besondere Menschen bei denen ich mein Ideal versuche anzuwenden. Die meisten anderen Menschen muss ich leider, sobald ich sie sehe, aufgrund meiner Vorerfahrung mit ähnlichen Menschen beurteilen.«
          Das machen die meisten Menschen so und ist in Ordnung.
          Vielleicht hilft dir Konfuzius: »Ich kann von jedem Menschen etwas lernen. Vom einen, wie ich werden und wonach ich streben möchte. Und vom anderen, wie und wer ich nicht sein möchte. Und so ist jeder Mensch ein Lehrer für mich und ich kann ihm offen begegnen.« (sinngemäß)

          »…und meine Auffassungsgabe sehr beschränkt ist…«
          das stimmt doch gar nicht. Du bist klüger, als der Schnitt, wie ich an deinen Ausführungen erkenne.

  2. Die größten Erfindungen entstehen durch Faulheit… Wer faul ist, muss sich Gedanken machen, wir er es anstellen kann?.. Doch das ist nur mein Eingangssatz. Eigentlich will ich nur hinzufügen, dass dir Gesellschaft sehr viel Geld sparen könnte, wenn Faulheit endlich gesellschaftlich anerkannt würde. Wieviele Krankheiten werden eigentlich teuer behandelt, die es bei näherer Betrachtung gar nicht gäbe, wenn auf dem Gelben Zettel …. „Faul“ stehen dürfte….?

    1. also für mich ist das mit der angeblichen faulheit von menschen eh ein mythos bzw eher ein missverständnis, was die definition des wortes angeht. ich denke kein lebewesen ist von sich aus „faul“, dh mit einem hang zur untätigkeit. im gegenteil denke ich das jede/r eben sehr gern und fleißig das tut was ihr liegt (ggfs eben intensiv abhängen und somit fleißig relaxen). von den profiteuren der arbeit anderer wird nur eben gern derjenige als „faul“ bezeichnet, der die ihm zugedachte rolle oder sklavenarbeit nicht erfüllen will (weil er/sie eben was besseres zu tun hat).
      außerdem stellen die angeblich faulen auch nie eine bedrohung für das gemeinwesen dar, die gefahr geht eher von anderen aus. passend zu deinem eingangszitat fällt mir eine äußerung ein, die wohl auf irgendeinen militär aus dem vorletzten jahrhundert oder so zurückgehen soll (jemand vom kaliber Scharnhorst oder so), und mit der jener auf mögliche rekruten für die armee bezug nahm. demnach gibt es aus den jeweiligen eigenschaften fleißig/faul und klug/dumm kombiniert vier unterschiedliche charaktere: dabei stellen die klugen fleißigen die spätere führungsriege dar, die klugen faulen kommen erst gar nicht zu armee; die dummen faulen stellen das ideale fußvolk fürs militär dar, aber wirklich gefährlich seien eben die dummen fleißigen! (also für den urheber des zitats wäre ich vermutlich ein typischer vertreter der zweitgenannten sorte…)

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