15: Neue Antworten zum bedingungslosen Grundeinkommen

Nachdem ich in längeren Artikeln ein paar Dinge zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) gesagt habe, möchte ich heute ein paar Fragen aufnehmen, die ich an verschiedenen Stellen in Diskussionen zu verschiedenen Artikeln rund ums BGE gelesen habe. Gelegentlich wird ziemlich ausführlich und auch sehr sachlich diskutiert und oft gehen die Emotionen ein wenig hoch und die Diskussion ist wenig hilfreich. Ich versuche, ein paar Fragen aufzugreifen und zu beantworten, die immer wieder in Varianten zu lesen sind.

Bitte gib Nachricht, wenn du irgendwo anderer Meinung bist, eine Ergänzung hast oder falls ich etwas ganz falsch gemacht haben sollte. Ach ja: Falls dir das Thema wichtig ist, verlinke meinen Blog doch in deinem Blog oder auf deinem Profil, wo immer du dich oft und gerne ›im Netz‹ aufhalten magst, damit die Diskussion weitergetragen wird. Das ist das Wichtigste überhaupt. Herzlichen Dank für deine Teilnahme.


Frage/Meinung:
Ist das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) eine unternehmerfreundliche Arbeitsplatzsubvention?

Antwort:
Nein.

Wie bereits beschrieben (Wird das BGE auf den Lohn angerechnet?), wird das BGE nicht mit einem Einkommen verrechnet, auch nicht mit Bezahlung für Erwerbsarbeit.
Jedenfalls nach dem Modell, das ich vertrete.

Eine Subvention wäre es, wenn der Unternehmer einseitig von der Einführung eines BGE profitieren würde. Das ist aber nicht der Fall. Wenn z. B. die Arbeitslosenversicherung aufgegeben wird, fallen die Abzüge hierfür bei Arbeitnehmer und bei Arbeitgeber weg. Der eine spart Kosten und der andere hat mehr Nettoeinkommen. Das betrifft auf gleiche Weise alle nicht mehr erforderlichen Sozialversicherungsbeiträge, die mit Einführung eines BGE eventuell abgeschafft und durch ein BGE ersetzt werden.

Ob nun der Angestellte seine Arbeit für einen geringeren Lohn verrichtet oder ob der Unternehmer mehr zahlen muss, damit seine Arbeit getan wird, das kann dann neu ausgehandelt werden.

Beliebte, gern gemachte, nützliche, sinnvolle, »gute« Arbeit kann billiger werden und »schlechte« Arbeit, die eintönig, anstrengend, stressig und vielleicht gesundheitsschädlich ist, wird einen höheren Preis bekommen, weil sie sonst keiner mehr machen wird.

Arbeit, die als sinnlos und unnütz oder gar schädlich für die Allgemeinheit oder die Umwelt betrachtet wird, wird in vielen Fällen ganz verschwinden.

Und Arbeit, die – von Menschen verrichtet – zu teuer werden würde, wird dann von Maschinen erledigt werden.


Frage/Meinung:
Wenn Menschen behindert sind oder aus anderen Gründen einen individuell höheren Bedarf haben, der von einem BGE nicht gedeckt ist – haben die dann Nachteile, weil ja alle Sozialleistungen gestrichen werden sollen?

Antwort:
Nein.

Es sollen eben gerade nicht alle Sozialleistungen gestrichen werden, sondern nur jene, die ersetzend im BGE enthalten sind, weil sie zum Normalbedarf der Bevölkerungsmehrheit gehören. Individueller Mehrbedarf, z. B. wegen Behinderung, Krankheit oder besonderer sozialer Notlage muss, wie bisher auch, beantragt werden und erfährt in begründeten Fällen die notwendige zusätzliche Unterstützung.


Frage/Meinung:
Ich finde es nicht fair, den hart arbeitenden Menschen ihr Geld abzuknöpfen, um mir ein schönes Leben zu machen.

Antwort:
Ist es unfair oder fair, wenn ein kleiner Teil der Bevölkerung soviel Geld hat, dass es möglich ist, mit Hilfe hochbezahlter Rechts- und Steuerberater, das Einkommen künstlich so herunterzurechnen, dass wenig oder gar keine Steuern bezahlt werden?

Ist es fair oder unfair, dass der weitaus größte Teil der Bevölkerung keine Möglichkeit hat, seine Steuerlast arglistig-vorsätzlich und unter Ausnutzung kleinster Gesetzeslücken künstlich zu senken?

Ist es gerecht, dass Beamte, Pensionäre und »Berufspolitiker« keinen Beitrag zur Finanzierung der gesellschaftlich notwendigen Ausgaben leisten?

Oder ist es besser/gerecht/fair, wenn jede Art Einkommen vom ersten bis zum letzten Euro in gleicher prozentualer Höhe besteuert wird, um dann damit die Grundversorgung aller Mitglieder der Gesellschaft zu sichern?

Die Armen bekämen ein von den Sorgen des Überlebenskampfes befreites Leben und können selbstbestimmt entscheiden, was sie »machen« wollen.

Und die Reichen würden sich von der Angst befreien, als habgierig verrufen zu werden, überfallen beraubt zu werden oder sich immer wieder gegen neidmotivierte Attacken wehren zu müssen. Sie müssten auch nicht mehr große Teile ihrer Zeit und ihres Vermögens dafür aufwenden, sich mit dem Verstecken von Geld zu beschäftigen. Und sie müssen keine Angst mehr haben, dass sie vom Staat beim illegalen Geldversteckspiel erwischt und eingesperrt oder vom eigenen Steuerberater um ihr sauer ererbtes oder erbeutetes Zinssklavengeld betrogen werden. Sie müssten sich nicht mehr selbst einmauern und hinter Stacheldraht und Wachschutzpatrouillen verschanzen, sondern würden ebenfalls befreit werden, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Reichen müssen verstehen lernen, dass sie sich einschließen, weil sie Angst haben. Und dass ein BGE ein erster Schritt wäre, keine Angst vor anderen Menschen mehr haben zu müssen.

Heute bereits füttern die Steuerzahler diejenigen durch, die »nicht arbeiten wollen« (was immer man darunter verstehen mag). Ich bin überzeugt, dass der Anteil der Verweigerer sich nicht relevant vergrößern wird, wenn wir ein BGE haben. Vielmehr wird es eine Verschiebung geben. Viele, die sich heute dem System verweigern wollen, könnten dann wieder motiviert sein, sich einzubringen. Und andere, die heute innerlich sowieso schon aufgegeben haben und nur noch als Arbeitszombies herumgeistern, könnten dann »loslassen« und sich erst einmal besinnen.

Wirkliche echte Verweigerer hat es immer gegeben und wird es immer geben, aber die werden nie ein gesundes Funktionieren der Gesellschaft wirksam unterbinden oder zerstören.


Frage/Meinung:
Es lässt sich schwer ein pauschaler Betrag für das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) finden, weil schon allein die Mieten in verschiedenen Städten unterschiedlich hoch sind.

Antwort:
Nun, es muss ein vernünftiger Mittelwert gefunden werden. Und dort, wo Mieten heute zu hoch sind, weil alle in die vermeintlich attraktiven Städte ziehen wollen, weil sie glauben, dort besser bezahlte oder überhaupt Arbeit zu finden, werden dann mit einem BGE viele Menschen wegziehen und sich in heute billigeren Gegenden ein neues und vor allem anderes Leben aufbauen. Und schon sinken die Mieten dort und steigen hier, je nachdem. Alles wird sich auf ein gesünderes Maß relativieren, worüber wir heute aus wirtschaftlichen Gründen klagen.

Wenn Alle ein klein wenig mehr das Motto »leben und leben lassen« beherzigen, wird es Allen besser gehen. Und das fällt mit einem BGE leichter, wenn Niemand mehr um seine nackte Existenz fürchten muss.


Frage /Meinung:
Ich befürchte, dass bestimmte (soziale/künstlerische) Arbeit entwertet wird, weil dann erwartet wird, dass man sie schlecht oder gar nicht bezahlt verrichtet: „Ihr habt doch das Grundeinkommen.“

Antwort:
Ja, es wird so kommen, dass viele Arbeiten billiger werden. Und ja, man wird oft diesen Satz hören. Aber nur am Anfang, wenn wir noch nicht verstanden haben, was möglich ist mit einem BGE.

Andererseits wird es nicht so kommen, weil der Künstler sich eben gerade nicht »unter Wert« verkaufen muss, weil auch er ja nun »Nein, danke.« sagen kann. Heute muss er sich prostituieren, weil er sein Essen und seine Miete bezahlen muss und weil sein Manager und der ganze Rattenschwanz mitverdienen wollen. Morgen kann er sagen: »So, Leute, jetzt wollen wir doch mal die Verteilung neu besprechen…« und schwupp, steht der Manager blöd da und muss Zugeständnisse machen.

Und das Publikum ist dann mit BGE vielleicht doch eher bereit, einen angemessenen (oder sogar überhaupt erstmals einen) Preis zu zahlen, weil sein Lebensunterhalt gedeckt ist und das (zusätzliche und frei verfügbare!) Erwerbsarbeitseinkommen überhaupt erst die Konzertkarte ermöglicht.

… wird fortgeführt …

Solange wir nicht bereit sind, uns zu mäßigen, Verzicht zu üben, zu teilen und abzugeben und von unserem hohen Ross herunter zu steigen, werden wir keine Gerechtigkeit erfahren.

Wir müssen uns ändern. Jeder für sich.
Wenn wir das nicht verstehen, wird ein BGE nie sinnvoll wirken können.

Wenn wir ein BGE haben und es für Konsum vergeuden, werden wir den Kapitalismus verschärfen und niemals einen friedlichen Übergang in eine bessere Gesellschaft erleben, sondern nur Zerstörung und Elend verursachen.

Ich freue mich auf deine Meinung.

Viele Grüße
Detlef Jahn

 

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