ACDC – Ja leben denn die alten Herren noch?

Foto: ACDC-Bühne, Angus Younk beim Gitarrensolo

Am 16.6.2024 in Dresden auf dem Ostragehege (in der Rinne) spielte eine Kapelle auf, deren Weg ich mehr oder weniger seit etwa 1978 mit eigenen Ohren verfolge und die ich mir nun zum zweiten Mal live angeschaut habe – nach 2016 in Leipzig im ehemaligen Zentralstadion.

Es war voll, man spricht von 80.000 Leuten. Es war laut – aber deshalb geht man ja hin. Und das wichtigste:

Die alten Säcke sind mit sehr viel Spielfreude aufgetreten und man hat ihnen angemerkt: Sie wollen es – immer noch.

Nach jedem Titel war aber erstmal mindestens eine halbe Minute Ruhe – ich stand aber zu weit weg, um zu sehen, ob die zwischendurch Sauerstoff brauchten oder ob es andere Gründe für die langen Pausen gab.

Brian Johnson hat leider über seine gesamte Zeit bei ACDC den Fehler gemacht, seine Stimme zu zerschreien, anstatt mit ihr zu singen.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Verzweiflung, die uns Fans damals ergriffen hat, als er uns als (unwürdiger) Nachfolger von Bon Scott präsentiert wurde. Seitdem malträtiert er uns mit Kreissäge statt mit Stimmgewalt. Dass er geile Töne hervorbringen kann, zeigt er immer mal wieder an leiseren Stellen, wenn er ins Mikrofon rotzt und seine Stimme blubbern lässt. Aber wie dem auch sei, im Gesamtkonzept passt das alles gelegentlich sehr gut und manchmal gar nicht, wie das auch bei vielen anderen Combos der Fall ist.

Lange Rede, kurzes Komma: Auf der Bühne kriegt er keinen vernünftigen Ton mehr raus, Brian Johnsons Stimme ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Er sollte wirklich aufhören.

ABER: Er trat mit hervorragend guter Laune auf und hat mit dem Publikum sehr aktiv gespielt und hat auch ohne Stimme Riesenspaß gemacht.

Angus Young ist alt geworden und Headbanging hat beinahe vollständig gefehlt – allerdings würde ich mich gar nicht wundern, wenn 50 Jahre Kopfschleudern deutliche Spuren hinterlassen hat und ihm die Ärzte heute streng davon abraten. Deshalb ist es vollkommen okay, wenn er das in seinem Alter nicht mehr so kann und/oder will. Angus ist im Laufe des Konzerts immer lockerer geworden und hat sich ordentlich reingesteigert und hat von Beginn bis Ende durch große Spielfreude und engen Konktakt zum Publikum geglänzt. Ganz offensichtlich findet er es immer noch einfach nur geil auf der Bühne herumzuberserkern.

Was Brians Stimme im Konzertverlauf immer schlechter geworden und zum Ende hin vollkommen ausgestiegen ist, wurde Angus immer besser und wir hätten ihm gern noch weitere zwei Stunden zugesehen.

Thunderstruck (am Anfang) hatte nur halbe Geschwindigkeit und leider viele falsche Töne – ein Schatten seiner selbst und extrem erschreckend für einen der besten Titel von ACDC. Wir hatten schon Panik, dass das ganze Konzert einfach nur beschissen wird. Aber zum Glück war es dann nur noch ein anderer Titel im späteren Verlauf, der falsch klang und das falsche Tempo hatte.

Fazit:
Die Kosten für so ein Erlebnis sind ganz klar sehr viel zu hoch – wir haben mit allen Nebenkosten zu dritt insgesamt mehr als 700 Euro gelassen. Dafür muss eine alte Frau sehr lange stricken und die meisten Menschen werden mit solchen Preisen gleich völlig ausgeschlossen, so etwas mal zu erleben. Nicht zu vergessen, dass man dann auch immer noch das Risiko mit dem Wetter hat (das war bei uns hervorragend) und dass man nie weiß, wie die Sache akustisch wird (2016 in Leipzig hatten wir Pech wegen schlechter Plätze – im Stadion kann der Schall nicht weg und im Ohr landete nur Lärmbrei) – hier in Dresden war ein hinterer Lautsprecherturm wohl defekt, wie mir ein Bekannter berichtet hat, und wer dort stand, hatte akustisch kein Vergnügen. Das ist dann bei solch hohen Kosten ganz besonders ärgerlich.

Die Band war gutgelaunt und hat ordentlich Spaß gemacht. Das Publikum war bunt gemischt und gut drauf. Alle waren sehr freundlich miteinander (was ich so beobachten konnte) – bei einem gefühlten Altersdurchschnitt jenseits der 40 …

Sehr beachtenswert war die Vorband „The Pretty Reckless“ – die Stimme von Taylor Momsen (bekannt aus der US-Serie „Gossip Girl“) ist granatenmäßig.

Alles in Allem war es ein sehr gelungener Tag.

Viele Grüße
Detlef Jahn

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